Dieser Beitrag ist offenes Resultat einer Diskussion in der SozialistischenStudienVereinigung
/ theorie praxis lokal, Frankfurt. Wir gehen hier bewusst nicht auf die gravierenden
Unterschiede und Streitigkeiten zwischen Nazionaldemokraten und Nationalsozialisten
von heute ein, sondern behandeln sie allesamt als "ideellen Gesamt-Nazi".
Denn über alle Differenzen hinweg ist ihre völkisch-rassistische,
antisemitische und kriegstreiberische Grundsuppe die gleiche. Die versuchen
wir in ihrer aktuellen kapitalistischen Funktion zu erklären.
Ausführliche Version: http://sozialistische-studienvereinigung.frankfurt.org)
Die Rechten marschieren wieder! Lasst die Blödmänner doch links liegen,
werden sich viele denken. Wozu denen die Ehre unserer Aufregung erweisen.
Wenn es nur um die paar Hanseln ginge, ließe sich darüber reden.
Es geht aber um mehr. Es geht um eine ganze politische Richtung ! Von der stellen
Worchs und Hupkas Leute - gewollt oder ungewollt - bloß die kleine Sturmbrigade
dar. Und über diesen Zusammenhang soll hier geredet werden.
"Zuwanderungsgesetzgebung" und "NPD-Verbot" werden derzeit als "legitimes Theater" auf der Bühne der politischen Klasse inszeniert: als Possenspiel, mit dem die Ware "deutsche Politik" dem Ausland und dem Wahlvolk zeitgemäß verkauft wird. Die neue Qualität dieser althergebrachten bürgerlichen Schauspielkunst: wir sollen unsere Verarschung als ganz normal und notwendig akzeptieren fürs politische Geschäft. Wir sollen sie sogar noch genießen, als Erweiterung der Talkshow mit politischen Charaktermasken, die im Rollenspiel "Persönlichkeiten" mimen, die sie gar nicht haben, weil hinter der menschelnden Maske gar nichts ist. Schlimmer als nichts! Wir sollen darüber vergessen, dass es hinter den Kulissen um wirkliche Menschen geht, mit denen die Doppelmasken der politischen Bühne ihr unmenschliches Spiel treiben. Aufgeführt wird das Legitime Theaterstück der Grausamkeit. Menschen sollen die Verwaltung, Hin- und Herschiebung, Abschiebung und "Zuwanderungsregelung", "Integration" und Ausgrenzung, Brandmarkung, Verwertung und Entwertung, Knebelung und Ermordung anderer Menschen als perfektes Schauspiel genießen - solange nicht gerade sie selbst an die Reihe kommen. So wird die kapitalistische Herrschaft von Menschen über Menschen zum spektakulären Sadismus und Masochismus erweitert.
Das Zusammenspiel dieser scheinbar illegitimen mit den legitimen Theatermachern
ist in der Verfassungsschutz-NPD-Affäre zum Vorschein gekommen.
Aus der bloßen Zuschauerperspektive erklärt sich das Zusammengehen
von Staatsdiener und angeblichem Staatsfeind allerdings noch nicht. Da muss
noch gründlicher nachgegraben werden.
Schily hat wohl aus Rücksicht aufs Ausland und die mürrisch gewordene
Rest-Linke das NPD-Verbotsverfahren in die Wege geleitet. Jetzt muss er es freilich
durchhalten. Er muss gewinnen wollen. Das gilt jedoch schon nicht im gleichen
Maße für die unteren Ränge im Verfassungsschutz. Die würden
wohl ganz gerne die indirekte Lenkung der Herde durch die V-Leute fortsetzen.
Vom gerade abgeschlossenen NPD-Parteitag hören wir, wie wohl sich diese
Hammelherde der "nationalen Revolution" am Gängelband des staatlichen
Transmissionsriemens weiterhin fühlt. Schließlich haben sich in der
NPD gerade die durchgesetzt, die mit ihrer Kenntnis und Duldung der Spitzel
seit Monaten prahlten. Wohler fühlen sich diese Parteigenossen jedenfalls
als ein Schily, der sein Gesicht (siehe oben) verliert, wenn er das Verbots-Stück
nicht zu Ende bringt.
Über diese Komplikationen hinaus braucht aber der extrem rechtsgewandelte
Schily die "extreme Rechte", wie der Verfassungsschutz sie nennt,
ob Verbot oder nicht, egal, wie der Organisationsname dann lautet.
Man muss es im Rahmen des ganzen Gesetzespakets sehen, das seit dem 11. September
teils schon verabschiedet wurde, teils noch in der Planung ist.
Im Sinne der staatlichen Vorstellung "Angriff an der Heimatfront"
werden die Gesetze und Verordnungen wesentlich so wirken, dass es möglichst
kein Zusammengehen zwischen "deutschen" und "ausländischen"
Gruppen mehr geben soll.
Was traditionell Internationalismus genannt wurde und ganz einfach die Notwendigkeit
bezeichnete, sich über Grenzen hinweg gegen Ausbeutung und Unterdrückung
zu wehren, soll unmöglich gemacht werden.
Die sich neuerdings zu "antikapitalistischen Revolutionären" schminkenden Nazi(onaldemokraten)-Chargen spielen ihre Rolle recht und schlecht als illegitime Kinder der legitimen Berliner Republik: das ist keine bewußte "Verschwörung", sondern blinde, spontane polit-ökonomische und ideologische Funktion. Die Nazis jeglicher Couleur funktionieren prima für die Durchsetzung der gegenwärtigen Anstrengungen des Kapitals in Deutschland:
Fixierung auf die Konkurrenz der Lohnarbeit in der Konkurrenz der Kapitale -- damit machen sie uns fertig bzw. wir uns selbst. Der totale Krieg aller gegen alle, auf den die Nazis volksgemeinschaftlich hinauswollen, er beginnt dort, wo sozusagen Holzmänner hergestellt werden "im Kampf um die Arbeitsplätze" und dafür die elementarste Klassenlist, -beweglichkeit und Klassen-Kampfmoral zugunsten lohnspießerischer Kurzsichtigkeit geopfert wird:
Vor zwei Jahren brachte Schröder eine ganze Belegschaft zum Jubeln, die
von Holzmann. Sie jubelten über ihren Lohnverzicht, über eingeschränkte
Überstundenentgelte, gekürztes Weihnachtsgeld. Dafür durften
sie zwei Jahre lang weiterarbeiten- genau bis Frühlingsanfang 2002. Zwei
Jahre dienten sie dem Standort Deutschland - jetzt sehen sie sich wieder dort,
wo sie vor zwei Jahren standen. Kleiner Nebeneffekt: sie dienten der hemmungslosen
Konzentration des Baugewerbes, indem sie rechts und links durch ihre Billiglöhne
kleinere Firmen in den Konkurs trieben - damit aber auch deren Belegschaften
in die Erwerbslosigkeit.
Mit anderen Worten: die Arbeiterinnen und Arbeiter von Holzmann haben verzweifelt
in der Konkurrenz um den Verkauf ihrer Arbeitskraft einen Weg gewählt,
auf dem sie andere dazu zwangen, sich für noch weniger beim Arbeitsamt
oder sonstigen jetzt in Aussicht gestellten Agenturen feilzubieten. Unterwegs
zur kollektiven Selbstzerstörung! ...
Soweit Schröders Rezept.
Die NPD wird sicher morgen oder übermorgen, spätestens am Ersten Mai
gegen den Massenbetrug an deutschen Arbeitern wettern. Und ihr eigenes Rezept
anbieten. Das lautet dann so:
"
...Ob mit oder ohne Zuwanderungsgesetz: Nach Deutschland darf es keine Einwanderung
geben. Die Arbeit muß zu den Deutschen gebracht werden und nicht umgekehrt."<Pressemeldung
der Bundes-NPD vom 4. März 2002>
Also die Konkurrenz zwischen Arbeitern ist ganz schlimm, wenn sie zwischen
Deutschen und Ausländern geschieht. Wenn wie im Fall Holzmann zwangsläufig
Deutsche Deutsche niederkonkurrieren, darf das die neuen Vorkämpfer der
Arbeiterklasse nicht weiter kümmern.
Praktische Folge allerdings für die, die dieser neuen "Arbeiterpartei"
auf den Leim gehen: sie vergessen endgültig, dass die einzige Möglichkeit,
sich gegen Atomisierung im Lohnkampf zu wehren, gemeinsame Organisierung ist
- über alle eingebildeten nationalen Grenzen weg.
Als Lohnabhängige sind wir sowieso alltäglich alle eine Art Sisyphos,
dazu verdammt von den allherrschenden Göttern - den konkurrierenden Kapitalen
und ihren Apparaten und Staaten - immer wieder neu unsere Arbeitskraft (und
damit: Lebensenergie und -zeit) vom jeweiligen Käufer vernutzen zu lassen.
Weil es uns aber allen so geht, ist immer wieder die Verständigung möglich
zwischen den Sisyphos-Gesellschaftsindividuen, darüber, wie die Unterwerfung
unter den kapitalistischen Götterfluch aufzuheben ist ...
Die Nationalisten aller Varianten sind nun die, welche die Sisyphos-Vereinzelten
in "Gemeinschaften" ("Nation", "Volk", "Staat")
hineintreiben und festhalten, die sich gegenseitig zur höheren Ehre des
Vaterlandes mit ihren Blöcken steinigen. Weder unsere kombinierte Arbeit
von diesem Konkurrenz-Zwang des Kapitalverhältnisses zu befreien, noch
unser Leben vom Überlebensfluch kapitalistischer Mehrwert-Arbeit frei zu
machen, ist das Anliegen dieser "nationalen Sozialisten" und völkischen
Staatsanbeter Aus ihrem Programm folgt unweigerlich verstärkte Lohn- und
Zwangsarbeit gegeneinander, gegen "die anderen", die Konkurrenten
auf dem Weltmarkt, gegen "den US-Imperialismus", "die Fremdherrschaft",
letztlich gegen "die Juden".
"Zufällig" liegt diese Wunschperspektive aller LandserschwärmerInnen
von heute genau in der Konkurrenzlogik des Kapitals im Rahmen des deutschen
"nationalen Wettbewerbsstaats", der "neuen Rolle Deutschlands
in der Welt", des Kerneuropaprojekts im Reigen der "feindlichen Bruderschaft
des Kapitals" (Marx).
Bis dahin und in Spekulation auf eine neue Art "Achsenbildung" für
den einstigen Entscheidungskampf (der "Rassen", der "prolet-arischen
Nationen" gegen "das Weltjudentum") spielen sie sich mehr denn
je als "anti"-imperialistische Anwälte "der Völker"
und ihrer "Identitäten", "Kulturen" etc. gegen "imperialistische
Fremdherrschaft" auf . Wenn sie - bis tief in linke Kreise hinein ihre
"Querfront" treibend - einen "antiimperialistischen" Völkerfrühling
suggerieren, der ja nur von den "Judenstaaten" USA und Israel wieder
einmal "in einen Weltkrieg gestürzt" würde, dann ist schon
zu riechen, um welche fleischfressende Pflanze es sich bei dieser Antikriegs-Opposition
handelt: wie die von ihnen so gehassten Sozialdemokraten vor 1914 und danach,
genauso rasen diese "Kriegsgegner" auf die bedingungsloseste Unterstützung
und Auslösung eines imperialistischen Weltkriegsabenteuers zu, sobald es
endlich ganz allein im Dienste der Interessen "Deutschlands" möglich
ist - d.h. im Konkurrenzentscheidungskampf des Kerneuropaprojekts gegen die
anderen imperialistischen Kapitalgruppen: "Proletarier aller Länder,
zermetzelt euch!"
"Vielfalt" als Einfalt in der Hierarchie! Ein politisch-ökonomisches Gefüge als Familie-aus-Familien vorgestellt: das Gegenteil der heute längst möglich und nötig gewordenen Gesellschaftlichkeit. Die hochentwickelt-komplexe Teilung der Arbeit kann im Produktionsverhältnis Lohnarbeit&Kapital eben noch keine bewusst vorab geplante Aufteilung der noch notwendigen gesellschaftlichen Gesamtarbeit für unsere Bedürfnisse im Weltmaßstab durch uns, die ProduzentInnen in freier Selbstbestimmung als commune Assoziation oder so etwas sein, sondern muss blinde Unterwerfung "freier" Lohnarbeitender an sie kaufende und konsumierende Profitkonkurrenten (Kapitale) bleiben: hin und hergeworfen unter deren jeweilige Verwertungsbedürfnisse "am Markt", so oder so, gekauft und vernutzt oder nicht, recht und schlecht ausgebildet oder nicht.
Ihre Lage hat sich inzwischen aber verschlechtert durch:
Begründet wird diese Erhöhung mit den Zwängen des Weltmarktes.
Die Rechts-Gruppen nehmen diese Verschlechterungen wahr, bezeichnen sie z.T.
auch richtig, aber lenken die Wut der Betroffenen auf allerlei Pappkameraden.
Damit treiben sie die Leute noch enger ins Gehege des Kapitalismus, der mit
so vordergründigen Bildern gar nicht begriffen, noch weniger bekämpft
werden kann. Sie lassen uns an einem Teilelement des Kapitalismus zappeln wie
die Fliege am Fliegenfänger. An "den Banken", "den Konzernen",
"Börse" usw. sollen wir kleben bleiben - ohne je den Blick auf
das Kapital / die Lohnarbeit als umgreifendes gesellschaftliches Verhältnis
zu richten.
Gerade der Kameradschaften-Worch mit dem "Arbeit macht frei"-Zynismus
von seinesgleichen stößt an diesem "Tag der Arbeit" ins
Antiglobalisierungs-Horn: die "antikapitalistische" Pose möchte
"prolet-arisierend" darüber hinwegtäuschen, dass seine Vielfalt
nichts zu tun hat mit gemeinsamem Zusammenstehen von Leuten verschiedener Herkunft
im Betrieb und außerhalb.
Die Nazis erheben die schon geleistete, tote=vergegenständlichte Arbeit
zum unantastbaren Block. Den beten sie unter dem Namen Deutschland an, um den
Gedanken nicht zuzulassen, dass alles, was bisher erstellt wurde, durch neue
Arbeit auch wieder verändert werden kann.
"Deutschland" und der immer noch einmal mobilisierbare "Glaube" daran ist das letzte Aufgebot der Selbstverknechtung in Lohnarbeit/Kapital und ihrer mörderischen Konkurrenz. Um ihr vermeintliches Eigentum - den imaginären Block Deutschland - krisensicher zu etablieren und vor jedem Zugriff zu schützen, darum zerstören sie die einzige Waffe aller, die arbeiten müssen, um zu (über)leben: die Möglichkeit der Solidarität über jede Grenze hinweg.
Der von der NPD oft zitierte Dr. Sander spricht in seinen "STAATSBRIEFEN" das Geheimnis dieser angeblichen Revolutionäre offen aus:
"Die ansteigenden sozialen Konflikte können nur von den Linken gelöst werden, zu deren Klientel die Geschädigten (der Globalisierung, deren Leidtragende überwiegend die unteren Schichten sind,) urwüchsig gehören."
Für den Augenblick wirkt die Propaganda der Nazis gegen den deutschen
Ausverkauf und die Beschäftigung von Ausländern idiotisch.
Die ganze Sache würde anders aussehen, wenn sich hier eine Kriegswirtschaft
einrichten ließe. Der Krieg - und nur der Krieg - erlaubt es, unter Beibehaltung
des Kapitalismus eine zentrale Lenkungswirtschaft einzuführen, die dann
tatsächlich den Firmen "in ausländischer Hand", genau wie
den deutschen, Auflagen machen kann über Einstellung von Arbeitskräften
und besondere Produktionsanteile.
Auch wenn das Versprechen der Nazis sich schwerlich erfüllt, über
den Krieg die Arbeitslosigkeit abzuschaffen, werden sie auf diese Scheinlösung
als treibende Kraft zusteuern. Nur haben noch nicht alle vergessen, wie sich
diese Art der Arbeitsbeschaffung für Leben und Gesundheit, für Fleisch
und Blut derjenigen auswirkten, die die eigenen Knochen dafür hinhalten
mussten.
An der Heimatfront beginnt die Berliner Republik, während sie schon hektisch
in schamloser militärischer Global-Eingreifbeteiligung den neuen deutschen
Platz an der Sonne sucht, die soziale Mobilmachung des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters
vom Sockel her. Konkurrenz im Weltmaßstab heisst für den deutschkapitalistischen
"nationalen Wettbewerbsstaat", dass es höchste Zeit ist für
das Demontieren der vom Bismarckschen "Sozialstaat" überkommenen
Arbeitsamtsbürokratie, die mit ihrer eingebauten paternalistischen "Fürsorgementalität"
der Staatsverschlankung im Wege steht.
Das workfare-Modell in England und den USA ... ist schon zwei Ecken weiter,
dort ist normal für (vor allem junge) Erwerbslose: 3-4 Monate Unterstützung
und dann neuer Job.
Als gemanagten ManagerInnen unserer "eigenen" Arbeitskraft macht uns
alles nochmal so viel Spass, trotz angesagtem "Ende der Spassgesellschaft"
und schon seit 20 Jahren verkündetem "Ende der Arbeitsgesellschaft".
Wer sich dieses Motivationstraining allerdings aus eigener Tasche nicht mehr
leisten kann, fällt raus:
"Dann ist /
für dich /
kein Platz in unserm Team."
Arbeitslosenhilfe wird nur noch für einen eng begrenzten Zeitraum gezahlt
und soll nach den Wahlen mit der Sozialhilfe gleich ganz zusammengelegt werden
In diesem Sozialsystem spiegelt sich die Bewertung der Arbeitskraft dann angemessener
wider: als rascheres, flexibleres und offener-brutales Hinunterdrücken
größerer Massen Lohnabhängiger in die unteren Lohngruppen einerseits,
Hineindrängen Erwerbsloser in die untersten ("deutsche Arbeitsplätze
für Deutsche!") Drecksjobs andererseits und buntere Vielfalt der Kombination
kurzbefristeter Krümelzuteilung aus unseren Lohnfonds für Erwerbslosigkeit,
die nach wie vor "natürlich" in sozialstaatlicher Kapitalistenklassen-Almosenhand
- "in deutscher Hand!!" - bleiben wird.
"Die große Schönheit der kapitalistischen Produktion besteht
darin, dass sie nicht nur beständig den Lohnarbeiter als Lohnarbeiter reproduziert,
sondern im Verhältnis zur Akkumulation des Kapitals stets eine relative
Übervölkerung von Lohnarbeitern produziert. So wird das Gesetz von
Arbeitsnachfrage und Zufuhr im richtigen Gleis gehalten, die Lohnschwankung
in innerhalb der kapitalistischen Exploitation ihr zusagende Schranken gebannt
und endlich die so unentbehrliche soziale Abhängigkeit des Arbeiters vom
Kapitalisten verbürgt, ein absolutes Abhängigkeitsverhältnis,
das der politische Ökonom (...) breimäulig umlügen kann in ein
freies Kontraktverhältnis von Käufer und Verkäufer, von gleich
unabhängigen Warenbesitzern, Besitzern der Ware Kapital und der Ware Arbeit."
(Marx, MEW 23, 796)
Der neu eingesetzte Bundes-Agent für systematische Billigstlöhnermotivation,
Florian Gerster, bringt das auf die Formel vom "illusionären Menschenbild":
dieses muss jetzt endgültig demontiert werden. Illusionär ist für
diese blutrot-olivgrünen Kapitalagenten also inzwischen das Bild vom "freien"
Lohnarbeiter, das klassisch-bürgerliche Menschenbild? Sie lassen sie also
nun selbst fallen, die Lüge vom freien Vertrag?
Da können die NS-Faschisten prima ansetzen und weitermachen mit ihrer Pogromhetze
gegen alle "Arbeitsunwilligen" und alle "Ausländer, die
uns die Arbeitsplätze und die Früchte unserer Arbeit wegnehmen":
"Sozialleistungen werden nur noch an Deutsche gezahlt!"
"Ausweisung von 1,5 Mio Scheinasylanten!"
"Abschaffung des Asylrechts" (NPD-Programm Neufassung).
Das heisst nichts anderes als: sie wollen eine Masse "rein" deutscher
deklassierter und pauperisierter LohnarbeiterInnen "sozialrevolutionär"
bearbeiten können in der nächsten Zeit - bis zur Formation für
den künftigen wahrhaft deutschen Krieg. Nichtdeutsche Elemente sind ihnen
bei dieser "revolutionären" Tätigkeit entschieden im Weg.
Dazu werden die Nazis auch dringend gebraucht, als "antikapitalistische"
informelle Security, notfalls als zusätzlich "handelnde demokratische
Partei". Um die Restlinken in Schach zu halten und immer auf Trab (dass
die auf keine dummen, antikapitalistischen Gedanken kommen - Dialektik, Kritik
der politischen Ökonomie oder so!)
Und um der Lust an der gegenseitigen Konkurrenz einzuheizen, am Hauen und Stechen
auf dem doppelten und dreifachen Arbeitsmarkt! Fürs Design des aktivbürgerlichen
Aktivlinien-Menschenbilds - auch und gerade als Kombimodell aus Pauper und Billiglöhner-Flexi-UnternehmerIn-der-eigenen-Arbeitskraft:
Hauptsache "spricht deutsch, denkt deutsch, träumt deutsch" und
konkurriert fürs "deutsche" Kapital, bereichert dieses am zugewiesenen
Platz mit ihrer ins Team integrierten "sozialen Kompetenz".
Für alle Störer dieser gemeinschaftsstiftenden Deutschen Einfalt im
Container wird am ersten Mai genau wie letztes Jahr die antiterroristisch-kameradschaftsterroristische
Vielfalt der grünen und braunen Ordnungshüter aufmarschieren: wie
schon 2001 "ganz normale deutsche Männer" +zumindest eine Frau
- unsere patentierte Antifa-Bürgermeisterin Roth.
In zwei Linien in Frankfurt am Main. "Gegen rechte wie linke Extremisten!"
nennt sich dieses legitime Theater am 1.Mai 2002. Volksgemeinschaft der Anständigen,
noch enger geschlossen als letztes Jahr. Für jeden ist ein Plätzchen
parat. Sogar die Reps betteln, mitmachen zu dürfen.
Die Nazionaldemokraten & Nationalsozialisten kann nur wirksam bekämpfen,
wer den Staat, der sie braucht, nie aus den Augen verliert. Wer das Kapitalverhältnis
mit der Lohnarbeit, die es bedingt, endlich wieder radikal in Frage zu stellen
beginnt. Und wer den deutschen Zuständen, als besonders reaktionär
verknechtenden Ausbeutungsverhältnissen im Kontext europäischer und
globaler Konkurrenz, auf wirksame soziale (nicht wortradikale) Weise den Krieg
erklärt!
Wenn NPD und Staat also gemeinsam darauf hinwirken, dass keine grenz- und nationalitätsübergreifenden
Kämpfe mehr stattfinden, dann bestünde die aktivste Gegenwehr gegen
beide darin, solche nach Kräften zu unterstützen.
Allerdings: "Erster Mai - Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse"-
wie hohl, wie leer klingt das in einem Augenblick, wo den Arbeitenden das Ideal
des "Managers der eigenen Arbeitskraft" von allen Seiten angepriesen
wird. Solche SelbstmanagerInnen verkaufen sich auf dem Markt der meistbietenden
Firma. Wozu brauchen sie da eigentlich noch andere?
"Der Erste Mai als internationaler Kampftag der Arbeiterklasse" ist
längst zum verwalteten Ritual aller möglichen und unmöglichen
Apparate, Bürokratien, Staaten und Sekten gemacht worden: ein verkrusteter
Feiertag über der glimmenden Asche der gescheiterten, steckengebliebenen,
verratenen, enteigneten proletarischen Kämpfe des vergangenen Jahrhunderts.
Diese Straße ist längst nicht mehr frei, sondern transportiert nur
noch einen langen Gespensterzug, den "Albtraum der toten Geschlechter"(Karl
Marx). Deswegen greifen nun auch die Nazis wieder ganz historisch-realistisch
nach ihm und werden zu diesem Zweck mit öffentlichen Verkehrsmitteln gratis
unter Polizeischutz herantransportiert. In Deutschland haben wir Proletarisierten
bis heute noch nicht einmal das Bewusstsein und die Kraft gefunden, diesen "Tag
der Deutschen Arbeit", Staatsfeiertag von Hitlers Gnaden, endlich kaputtzumachen,
abzuschaffen und revolutionär aufzuheben. Sowas wie nichtrituelle Kampftage
als Fete unserer wirklichen Bewegungen im Weltmaßstab einzuführen,
das stünde heute an.
Die Prosa des 2.Mai und aller folgenden Tage noch prosaischer, noch trostloser
zu machen, indem wir sie aussprechen - das ist alles, was wir der Lyrik vom
"Kampftag" und dem Trallalla von der hochmotivierten Aktivbürger-Lohnarbeiter-Unternehmer-Chimäre
einstweilen entgegenzusetzen haben.
Denn - nach dem Selbstverkauf fängt das Verkauftsein an. Und da wird sich
immer neu herausstellen, dass nur alle Verkauften zusammen gegen ihre Arbeitsbedingungen
etwas machen können. Dass sie jedenfalls unweigerlich verlieren, wenn sie
sich, wie z.B. in der BRD 1973 bei Ford in Köln, zuerst als Deutsche und
Türken statt als gemeinsam Arbeitende verstehen und gegeneinander vorgehen.
Es gibt immer Gelegenheiten zum Zusammenstehen, winzige Verknüpfungen von
Leuten, die bei dieser Gelegenheit sich klar machen, dass nicht Nationalitäten
sie zusammenhalten, sondern die gemeinsame Arbeitssituation. In solchen Augenblicken
bildet sich vielleicht die festeste Abwehr gegen alle Agenturen endgültiger
Atomisierung und Spaltung - ob staatlicher wie durch Schilys Gesetze oder überstaatlicher
wie Mahlers National-Lager-Parolen und unterstaatlicher wie Blut-Worchs Kameradenwahn.