Bereits nach gut 20 Minuten wurde der Prozess gegen Felleke Bahiru Kum (siehe Pressemitteilung unten) gestern vor dem Amtsgericht Frankfurt "auf unbestimmte Zeit vertagt". Vorausgegangen war eine längere Erklärung der Verteidigung, mit der unter Hinweis auf die asylrechtliche Situation von Felleke sowie wegen der unzureichenden Aktenführung der Staatsanwaltschaft (z.B. kein Bericht der offiziellen Abschiebebeobachtung, keine Vernehmung des Flugzeugpersonals ...) eine Einstellung des Verfahrens gefordert wurde. Während der Staatsanwalt dies eiskalt und knapp als "irrelevanten Unfug" abtun wollte und weiter auf einer (Schnell-)Verurteilung beharrte, sah die Richterin offensichtlich ein, dass eine umfassendere Prüfung der Umstände notwendig sei. U. a. sollen auch die Akten des Bundesamtes für Migration beigezogen werden. Die drei geladenen (Abschiebe)Polizeizeugen wurden dann auch gar nicht mehr vernommen, die Sitzung wurde geschlossen und zurück blieb ein zähneknirschender Staatsanwalt.
Zur Gesamtstimmung hatte sicherlich auch beigetragen, dass der Prozesssaal gut gefüllt und damit eine gewisse Öffentlichkeit hergestellt war. Über 20 Leute hatten sich schon vor Beginn an einem Informationsstand mit Transparenten vor dem Eingang des Gerichts beteiligt und zeigten ihre Solidarität mit Felleke.
Sollte es in einigen Monaten zu einer Wiederauflage dieses skandalösen Verfahrens kommen, wird das Aktionsbündnis erneut zum Protest "gegen das doppelte Unrecht von Abschiebeversuch und anschließendem Strafbefehl" aufrufen.
Skandalöser Prozess im Frankfurter Amtsgericht am 19.12.07:
Anklage gegen einen äthiopischen Flüchtling wegen "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte", weil er erfolgreich seine geplante Abschiebung am Frankfurter Flughafen verhindert hat ...
Felleke Bahiru Kum sollte am 4. September 2006 in einer Lufthansa-Maschine von Frankfurt aus nach Äthiopien abgeschoben werden. Fünf Bundespolizisten brachten ihn zum Flugzeug, zwei davon waren als „Sicherheitsbegleitung“ bis Addis Abeba vorgesehen. Mit dieser Übermacht und unter massiver Anwendung von Gewalt sollte er in den Sitz gezwungen werden, doch der Betroffene schrie und sträubte sich gegen diese Misshandlung. Mit Erfolg! Denn der Pilot weigerte sich anschließend, ihn zu transportieren. Felleke Bahiru Kum wurde zwar erneut in Abschiebehaft genommen, doch auch ein 2ter Abschiebeversuch schlug fehl und Ende November 2006 wurde er aufgrund eines neues Asylantrages freigelassen.
Nun steht Felleke Bahiru Kum am Mittwoch wegen dieses Ereignisses vom September 06 als Angeklagter vor Gericht. „Das stellt die Tatsachen doch völlig auf den Kopf“, sagt dazu Hagen Kopp vom Aktionsbündnis gegen Abschiebung Rhein-Main. „Derjenige, der zum Opfer eines gewalttätigen Abschiebeversuchs geworden ist und dem Repression und Verfolgung im Herkunftsland gedroht hätte, soll hier zum Täter gemacht und verurteilt werden. "
Felleke Bahiru Kum ist in der Exilopposition Äthiopiens aktiv, und offensichtlich weil die dortige Polizei seiner habhaft werden wollte, hatte die äthiopische Botschaft für ihn im letzten Jahr überraschend Ausreisedokumente bereitgestellt. Die deutschen Behörden wollten diese dann sofort nutzen, um ihn loszuwerden.
„Eine Verurteilung wäre insofern ein doppeltes Unrecht, doch offensichtlich soll nochmals bestraft werden, wer sich dem unmenschlichen Abschiebeapparat erfolgreich widersetzt,“ kommentiert Kopp das Verfahren.
Das Aktionsbündnis gegen Abschiebungen ruft dazu auf, den Prozess zu besuchen und dem Betroffenen Solidarität zu zeigen. Zu diesem Zweck wird eine halbe Stunde vor Prozessbeginn, um 12.30 Uhr, ein Informationsstand mit Protesttransparenten vor dem Eingangsbereich des Amtgerichtes an der Ecke Konrad Adenauer Strasse und Seilerstrasse aufgebaut.