Die Parade der Kulturen hat ein Doppelgesicht. Sie wendet sich gegen Nazis und Rassismus und gibt migrantischen Vereinen die Möglichkeit zur Selbstdarstellung. Doch mit der Betonung der kulturellen Unterschiede, die ethnisch definiert werden, fördert sie zugleich den exotistischen Blick auf das "Fremde". Mit der Darstellung und Wertschätzung der "bunten Vielfalt der Kulturen" will die Parade Vorurteile abbauen. Soziale und rechtliche Benachteiligung von MigantInnen wird dabei kaum thematisiert. Damit wird Rassismus zu einem Mißverständnis banalisiert, welches durch gegenseitiges kennenlernen/schätzenlernen beseitigt werden könnte.
Am 23. Juni 2012 beteiligten sich 1600 Aktive an der Parade der Kulturen. Das Motto lautete "Respekt! Jetzt erst recht - gegen Rassismus und Ausgrenzung". Insbesondere nachdem 2011 die Morde der Nazi-Bande NSU bekannt wurden, sollte mit der Parade ein "Zeichen für das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen" gesetzt werden. Moderatorin Baby Shoo glaubt, dass es auf der Parade der Kulturen keinen interessiert, "woher du kommst, was du machst, wie du aussiehst und welche Hautfarbe du hast." Veranstaltungsflyer
Zahlreiche migrantische Vereine präsentierten folkloristische Tänze aus "ihrer Heimat" (oder der ihrer Eltern und Großeltern) und Speisen aus "ihren Ländern". Speisen, Musik und Tänze werden dabei einem bestimmten Land oder Region zugeschrieben. Daher wird es auf der Parade überhaupt nicht "egal" sein, wer woher kommt. Im Gegenteil werden dem frankfurter Publikum positive ethnische Identitäten präsentiert. Klischeehafte Zuordnungen werden also nicht infrage gestellt, sondern positiv gewendet und verfestigt.
In ihrem großartigen Video Absolute Exotic setzt sich Lilibeth Cuenca Rasmussen mit Erwartungshaltungen und den Konjunkturen im "ethnischen Supermarkt" auseinander.
Exotismus. «Get into the mystery ...» der Verflechtung von Rassismus und Sexismus Freiburg postkolonial
Multikulturell?! - kulturell rassistisch! Antirassistische Gruppe Leipzig