Vor nunmehr zwei Wochen wurde an der FH Frankfurt ein Flugblatt verteilt, das für einiges Aufsehen sorgte, wurde doch darin ein Kommilitone des Studiengangs Sozialpädagogik als militanter Neonazi ‚geoutet'. Dieses nahm der AStA zum Anlass, eine Stellungnahme seinerseits zu veröffentlichen, da dort - mehr oder minder offen – schwerwiegende Vorwürfe gegen ihn geäußert wurden. So wurde darin verbreitet, dass dem AStA „seit mehreren Monaten genauere Informationen zu Sören Brühl“ vorgelegen hätten, der AStA jedoch „es für nicht notwendig“ hielt, „dies mitzuteilen“. Wie bereits vom AStA in der ersten Stellungnahme geschrieben, wissen wohl selbst die VerfasserInnen des Flugblattes nicht, um welche Informationen es sich hierbei gehandelt haben soll. Ebenso schleierhaft bleibt auch, wem denn diese ominösen Informationen mitzuteilen gewesen wären. Auffallend ist jedoch, dass in dem zweiten veröffentlichten Flugblatt ein aus dem Internet kopiertes Foto von Brühl zu sehen ist, welches lediglich etwa eine Woche lang nach dem Nazi-Aufmarsch – oder wie dieser im zweiten Flugblatt euphemistisch genannt wird – „Happening“ im Internet zu finden war, abgedruckt wurde. Es stellt sich die Frage, wie dies überhaupt möglich sein kann, wenn zwar der AStA „seit mehreren Monaten genauere Informationen“ gehabt haben soll, dieser aber tatsächlich nichts weiterverbreitet hat, hingegen die AutorInnen des Flugblattes dennoch diese Fotos aus dem Internet kopieren und abdrucken konnten.
„Aufgrund der massiven Kritik an Art und Weise der Aufklärung“ wurde zwei Tage nach Veröffentlichung eines ersten Flugblattes ein zweites unter der Studierendenschaft verteilt – zeitgleich zur ersten Stellungnahme des AStA der FH. Diese AStA-Stellungnahme wurde nun von der Oppositionsliste im Studierendenparlament der FH Frankfurt, der „Internationalen Demokratischen Liste“, in ihrer Ankündigung zur Diskussionsveranstaltung „Militanter Neofaschist an der Frankfurter Fachhochschule“ als faktische In-Schutz-Nahme des besagten Neonazi gewertet. Auch die VerfasserInnen dieser Ankündigung wissen offensichtlich mehr über den AStA und seine ReferentInnen als diese selbst. Denn laut Veranstaltungsankündigung war „Hintergrund der Aufregung über das Flugblatt zu Sören Brühl (...) die Tatsache, dass die Autorinnen des Flugblatts aus nachvollziehbaren Gründen anonym bleiben wollten.“ Liest man das AStA-Papier jedoch genau durch, so ist an keiner Stelle eine Kritik an der Anonymität der VerfasserInnen zu finden. Dies dann dennoch als „Hintergrund“ für die Stellungnahme des AStA anzugeben, ohne je ein Wort mit AStA-ReferentInnen in dieser Sache gewechselt zu haben, mutet schon recht merkwürdig an. So verhielt es sich viel mehr so, dass bei etlichen KommilitonInnen der Umstand der Anonymität auf Unverständnis und Ablehnung stieß, was für den AStA jedoch keinesfalls zutraf. Angemerkt werden muss an dieser Stelle, dass sich der AStA bzw. seine ReferentInnen keineswegs auf eine solche Anonymität zurückziehen können und dürfen, was ganz offensichtlich in dieser Situation auch bewusst als ‚Trumpf' gegen den AStA ausgespielt wird. Denn während die VerfasserInnen der beiden Flugblätter „es für ein hohes persönliches Risiko (halten, ihre) Namen in diesem Zusammenhang öffentlich preiszugeben“, kann prinzipiell jeder Studierende die AStA-ReferentInnen während den Öffnungszeiten im AStA-Haus aufsuchen...
Vielleicht wird ein solches Verhalten weniger seltsam, wenn man die Leichen im eigenen Keller geflissentlich verschweigt: zu den Wahlen zur Verfassten Studierendenschaft an der FH Frankfurt trat im letzten Jahr als größte Liste die „Internationale Demokratische Liste“ an. Dass auf dieser Liste zum Studierendenparlament unter anderem ein Mitglied der extrem antisemitischen Hizb-ut-tahrir, die sich auch schon mal mit Neonazis wie dem Vorsitzenden der NPD, Voigt, und Horst Mahler trifft, kandidiert hat, hindert nun dieselbe Liste nicht daran, ganz ‚ernsthaft' gemeinsam mit der Anti-Nazi-Koordination eine Veranstaltung zu Neonazis durchzuführen wollen. Bis heute wird diese ‚unappetitliche Geschichte' von dieser studentischen Liste völlig verschwiegen und eine eingeforderte Stellungnahme bei der letzten Sitzung des Studierendenparlamentes blieb aus. Es ist müßig an dieser Stelle darüber zu sinnieren, ob dies daran lag, dass die gewählten VertreterInnen dieser Liste selbst nicht wussten, wer da noch mit im Boot saß oder ob dies einfach ignoriert wurde.
So wird dem AStA in der Ankündigung auch unterstellt, dass ein Neonazi an der FH nichts besonderes sei. Auch dies wurde in dem AStA-Papier so nie behauptet. Vielmehr ging es darum deutlich zu machen, dass Brühl mit Gewissheit nicht der einzige „Studierende mit (neo-)nazistischem, rassistischem oder antisemitischem ‚Gedankengut' an der FH“ sein dürfte und dies mittels des Zitierens einer wissenschaftlichen Studie zu untermauern versucht wurde. Dies dient dem AStA auch keineswegs als Rechtfertigung „für die eigene Untätigkeit im Fall von Sören Brühl“, denn diese vermeintliche Untätigkeit hat andere Gründe, die jedoch schon in der Stellungnahme benannt wurden.
Auch wenn es gewisse Leute immer noch nicht verstehen mögen: die Forderung aufzustellen „Natürlich muss Brühl die FH umgehend verlassen!“ ist eben in den luftleeren Raum gestellt, da sie weder an eine konkrete Person oder Institution gestellt wurde noch auf irgendeiner – leider dafür notwendigen - juristischen Basis fußt wie die Meinung unsinnig ist, dass „Neonazis (.) im Sozialen Bereich nichts verloren“ haben – ganz als ob ein Neonazi, der Feinwerktechnik oder Architektur studiert oder in diesen Bereichen arbeitet, weniger widerlich bzw. gefährlich sei.