Bericht eines Genossen von der Demo "Alles muss man selber machen- den sozialen Fortschritt erkämpfen" am 14. Januar

Bis zu 4000 DemonstrantInnen waren auf der Demonstration "Alles muss man selber machen- den sozialen Fortschritt erkämpfen" in Frankfurt. Ein breites Bündnis aus studentischen Gruppen, Bürgerinitiativen, Erwerbsloseninitiativen, antifaschistischen und antirassistischen Gruppen, Gewerkschaften und SchülerInnen hatte aufgerufen, kurz vor den Landtagswahlen auf die Straße zu gehen mit dem Motto:

Wir lassen uns nicht repräsentieren.In einer Begrüßung durch den Anmelder vom AStA der Universität Frankfurt, der die Motivation und die Entstehung des Bündnisses schilderte " Wir haben diese Demonstration immer als Auftakt für weitergehende Protest begriffen, der heutige Tag hat gezeigt, dass mit uns weiter zu rechnen ist. Wir werden nicht aufhören gegen die menschenverachtende Standort- und Verwertungslogik dieser neoliberalen und reaktionären Politik auf die Strasse zu gehen.

Die Demonstrationsleitung gab zu Beginn zwei kurze Statements ab. Sie forderte die Polizei auf, nicht zu eskalieren und zu provozieren, und fragte ob die Repräsentation der Unzufriedenen und der sozialen Konflikte auf der Straße die Ursache ist, weswegen es die polizeiliche Ankündigung von Ausschreitungen heute in Presse und Rundfunk gab.

Zweitens forderte die Demonstrationsleitung eindringlich alle Bündnispartner auf, alle nationalstaatlichen Symbole nicht zu zeigen und zu tragen. Sie gehe davon aus, dass in der derzeitigen Situation dies nicht als Solidarisierung mit den Opfern, für Befreiung und Frieden verstanden würde, sondern als Solidarisierung mit einer der beiden Kriegsparteien und Gewalt. Sie appellierte dazu, politische Auseinandersetzungen nicht mit Gewalt auszutragen. An diesen Konsens wurde sich weitgehend gehalten.

Die Moderation trug dann den Minimalkonsens des Demonstrationsbündnisses zum Krieg in Gaza vor, der auf dem Bündnistreffen am 12.1.2009 mehrheitlich von den anwesenden Gruppen verabschiedetet worden war. Die beschlossenen Forderungen sind:

Der nächste Redner war Michael Wilk von der Bürgerinitiative gegen Flughafenerweiterung. Die Bürgerinitiativen haben die TagX-Mobilisierung ausgelöst, und rufen auf zu einer großen Demonstration am Samstag (17. Januar) um 14 Uhr. Die Rodung von 600 ha Bannwald droht, ein Zaun zum Schutz von Rodungsarbeiten wurde letzte Nacht wieder entfernt. Der Bau der neuen Landebahn bedeute fast eine Verdoppelung der Flugbewegungen, was gravierende Folgen für die Region haben wird. Michael Wilk wies weiterhin auf die fünfzig Kilometer enfernten Zeitbomben Biblis A und B hin, die ältesten noch laufenden Atomreaktoren der Bundesrepublik, und forderte endlich die sofortige Stillegung aller Atomanlagen.

Der Redner des Aktionsbündnis gegen Abschiebung ging auf die Fluchtursachen weltweit ein, wie zum Beispiel die kriegerischen Konflikte in Gaza, Kongo und Sri Lanka, und kritisierte die hessische Flüchtlingspolitik auch anhand einzelner Abschiebungen der letzten Zeit.

Die Demonstration setzte sich dann in Bewegung und zog in guter Stimmung bis zur Agentur für Arbeit. Die Polizei begleitete ab da mit massiven Einsatzkräften die Demonstration im Spalier und filmten mit zahlreichen Kamerateams die Demonstration. Gerade an der Demonstrationsspitze am Fronttransparent "Alles muss man selber machen - Den sozialen Fortschritt erkämpfen" kam es zu Provokationen der Polizei und der Aufforderung, die Vermummung abzulegen.

Vor dem Museum für moderne Kunst wurde auf die Situation des besetzten Jugendzentrums "faite votre jeu" hingewiesen, deren Räumungstermin der 15.1.2009 ist.

Vor der Agentur für Arbeit sprachen Harald Rhein vom Frankfurter Arbeitslosenzentrum, ein Sprecher des verdi-Erwerbslosenrats, und Michael Köster vom RheinMain-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne. Harald Rhein forderte dazu auf, weiter sich gemeinsam gegen die Verarmungspolitik zu wehren. Der verdi-Erwerbslosenrat schilderte noch einmal polemisch den Sozialabbau durch die sozialdemokratische Regierung und die Ausbeutung der Erwerbslosen durch EinEuro-Jobs zum Beispiel durch die Werkstatt e.V. in Frankfurt und unbezahlte Arbeit gerade von Jugendlichen. Michael Köster stellte drastisch die Lebenssituation von Kindern unter dem Hartz IV-Regime dar: alle Redner wollen, dass der gemeinsame Kampf gegen neoliberale Politik fortgesetzt wird.

Der Demonstrationszug setzte sich wieder in Bewegung, und wurde an der Friedberger Landstraße am Gericht von der Polizei aufgehalten. Die Demonstration stoppte, und forderte die Polizei auf sich von der Demonstration zurückzuziehen, auch den Einsatzleitungswagen vom Rand der Demonstration. Nach Verhandlungen mit der Einsatzleitung ging die Demonstration weiter, nachdem vom Anmelder darauf hingewiesen wurde, dass die Polizei die Vermummung nicht tolerieren wolle.

Bei der Zwischenkundgebung an der Frankfurter Börse sprachen ATIF, die Föderation der Arbeiter aus der Türkei, die Gewerkschaft Freie ArbeiterInnen Union und die Autonome Antifa(f). Der Vertreter von ATIF schilderte die Folgen des Paragraphen 129b für MigrantInnen auf allen Ebenen, und beschrieb dann detailliert die Veränderungen im neuen Versammlungsrecht. Er forderte auch das Wahlrecht für MigrantInnen. Die Autonome Antifa (f) machte die nationale Standortpolitik zum Thema. Sie forderte auf, den Aufopferungspakt zu kündigen, und sich keinen Sachzwangargumenten und Standortlogiken zu beugen. Die FAU hoffte, dass auch bei uns die Herrschenden vor dem Widerstand zittern, und die Frage wer die Krise bezahlt, deutlich von unten beantwortet wird. Die Situation in Griechenland und der gemeinsame Kampf von ArbeiterInnen, StudentInnen, SchülerInnen und MigrantInnen für ihre Interessen dort wurde ausführlich dargestellt.

Die Demonstration lief dann noch weiter bis zur Hauptwache, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Der Vertreter des NoNATOBündnis mobilisierte gegen den NATO-Gipfel in Strassburg, und stellte die weltweite imperialistische Kriegspolitik des Bündnisses dar. Der Sprecher der Landesastenkonferenz sprach über die Privatisierung der Universitäten und die Auswirkungen des Bolognaprozesses auf die studentischen Arbeitsbedingungen. Der Beitrag der Jugendantifa am Schluss rief noch einmal zur Unterstützung des "Faite votre jeu" auf.

Leider hielt sich die Linke.SDS als Sprecher des NONATO-Bündnis nicht wie vereinbart an den Beschluss des Demonstrationsbündnisses vom 12.1.2009 zum Krieg in Gaza. Wir wollten keine einseitige Stellungnahme auf seiten einer Kriegspartei, sondern ausschliesslich eine pazifistische und antimilitaristische Position vertreten. Wenn sich ein israelsolidarischer Redner nicht an den Konsens gehalten hätte, wäre sein Redebeitrag ebenso unterbrochen worden. Wir wollen diese Diskussion führen, und hoffen, dass das Demonstrationsbündnis einen Standpunkt über den bisherigen Minimalkonsens hinaus entwickelt, ohne gleichzeitig alle anderen sozialen Interessen zu vernachlässigen.

Stellungnahme eines Genossen aus der Demoleitung zur Mißachtung des Demokompromisses durch den Redner von Die Linke.SDS
Stellungnahme des Palästina-Blocks

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