Die Deutschen »Schutzgebiete«

Die als »Schutzgebiete« bezeichneten deutschen Kolonien waren zusammengenommen sechsmal größer als das Deutsche Reich. In ihnen herrschten 25.000 Deutsche über 12 Millionen Kolonisierte.

von Stefanie Lämmermann

Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia)

1884 erwirbt der Kaufmann Adolf Lüderitz von Josef Fredriks, dem Häuptling der Nama, ein Gebiet, das ein Jahr später unter den Schutz des Deutschen Reichs gestellt wird. Im Vertrag mit England von 1890 wird den Deutschen ein Gebiet von 835.100 qkm zugestanden. Südwestafrika ist die einzige deutsche Siedlungskolonie. 1910 leben über 9.000 Deutsche im Land. 1904 beginnt der Aufstand der Herero und wenig später der Guerilla-Krieg der Nama gegen die deutschen Kolonialherren. Nur ein Fünftel der Herero und etwa die Hälfte der Nama überleben. 1915 wird Deutsch-Südwestafrika von der Südafrikanischen Union besetzt und 1919 durch den Versailler Vertrag zu deren Völkerbundsmandat erklärt.

Deutsch-Ostafrika (Tanzania, Sansibar, Ruanda, Burundi)

Deutsches Schutzgebiet von 1885 bis 1918. Treibende Kraft ist die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft des Dr. Carl Peters. Das Gebiet umfasst 995.000 qkm. 1890 tauscht das Deutsche Reich mit Großbritannien Sansibar (»Deutsch-Witu-Land«) gegen Helgoland ein. 1905 bricht im Süden Deutsch-Ostafrikas der so genannte Maji-Maji-Aufstand aus, der brutal niedergeschlagen wird ( 250.000 Opfer). Im Versailler Vertrag wird das Gebiet Belgien und Großbritannien zugeteilt.

Kamerun

Dr. Gustav Nachtigal und Dr. Buchner schließen für das Deutsche Reich und dessen Handelshäuser seit 1884 »Schutzverträge« mit unterschiedlichen Häuptlingen ab (Altkamerun). Immer wieder wird in Aufständen gegen die deutsche Kolonialherrschaft rebelliert. Durch das deutsch-französische Marokko-Abkommen (1911) tritt das Deutsche Reich ein Stück Altkamerun im Norden an Frankreich ab und erhält dafür ein großes Stück der französischen Kolonie im Westen und Süden (Neukamerun) und damit Zutritt zum Kongo. Die deutsche Kolonie umfasst nun 790.000 qkm. Im Versailler Vertrag geht Neukamerun an Frankreich, während Altkamerun unter Mandat Frankreichs und Englands gestellt wird.

Togo

1884 wird die deutsche Flagge in Bagida, Lomé und Porto Seguro gehisst. Durch mehrere Grenzabkommen mit Großbritannien und Frankreich erhält das Schutzgebiet 1908 seine endgültige Gestalt und umfasst nun 87.200 qkm. 1897/98 wird ein größerer Aufstand der Kongomba durch die deutsche Polizeitruppe unterdrückt. 1919 muss das Deutsche Reich Togo an Frankreich und Großbritannien abtreten.

Deutsch-Neuguinea (Papua-Neuguinea, Bismarck-Archipel, nördliche Salomonen, Marshallinseln, Nauru, Marianen, Karolinen und Palau)

Ozeanien wird seit 1831 zwischen Australien, England, Holland, Frankreich, Spanien, Deutschland und den USA aufgeteilt. Die deutsche Kolonisation beginnt 1885 mit dem »Erwerb« der nördlichen Salomonen und der Marshallinseln. Das gesamte deutsche Gebiet umfasst 1890 etwa 249.500 qkm.

Samoa (Westsamoa)

Deutsches »Schutzgebiet« von 1900 bis 1919. Schon 1857 gründet das Hamburger Handelshaus Godeffroy auf Upolu eine Niederlassung. Während Ostsamoa 1878 einen Flottenbasenvertrag mit den USA eingeht, bemächtigt sich Deutschland im Gefolge des amerikanisch-spanischen Krieges endgültig der Samoainseln Upolu und Savaii. Samoa kommt durch den Versailler Vertrag unter neuseeländisches Mandat.

Kiautschou (Tsingtao, VR China)

Das seit 1897 vertraglich bestimmte Pachtgebiet von Kiautschou an der Küste der Provinz Shandong ist von 1898 bis 1917 deutsches »Schutzgebiet«. Es umfasst 552 qkm. 1900 schlagen deutsche Truppen den so genannten »Boxer-Aufstand« nieder. 1917 übernimmt Japan die Provinz,1922 wird Kiautschou an China zurück gegeben.

Stefanie Lämmermann

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