Am heutigen Tag fand erstmals eine Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg statt, bei des es um die Entschädigungsansprüche von NS-Opfern ging. Im vollbesetzten Verhandlungssaal trugen die Vertreter der Kläger, der beklagten Bundesrepublik und der EU-Kommission ihre Positionen vor. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten UnterstützerInnen für die Entschädigung aller griechischen NS-Opfer.
Hintergrund des Rechtsstreits ist das folgenschwerste Massaker im besetzten Griechenland, bei dem Wehrmachtssoldaten mindestens 696 Menschen ermordeten und die Ortschaft Kalavryta dem Erdboden gleichmachten. Die überlebenden Opfer und Hinterbliebenen verklagen die BRDeutschland vor griechischen Gerichten auf Entschädigung für ihr Leid und ihre materiellen Verluste.
Der EuGH hat darüber zu entscheiden, ob die griechischen Gerichte für derartige Klagen zuständig sind. Die Bundesregierung bestreitet dies und behauptet, sie könne vor griechischen Gerichten Immunität beanspruchen, also nicht verklagt werden. Im Ergebnis wäre damit den griechischen Klägern jeglicher Rechtsweg abgeschnitten.
Der deutsche Vertreter Dr. Burkhard Hess wiederholte das Lamento aller Bundesregierungen. Man bedaure, aber leider stünden den Opfern keine Ansprüche zu. Auch nach europäischem Recht (Brüsseler Konvention) gebe es keinen Rechtsweg, denn diese gelte nur für zivilrechtliche Ansprüche.
Die Anwälte der Kläger, Ioannis Stamoulis und Dr. Joachim Lau betonten hingegen die Tatsache, dass ein schweres Völkerrechtsverbrechen nicht ohne Konsequenz bleiben könne. Ein Staat, der wie Nazi-Deutschland das Recht gebrochen habe, dürfe nicht durch die Gewährung von Immunität privilegiert werden. Der Klageweg stehe jedem europäischen Bürger offen, und zwar dort, wo das Verbrechen begangen wurde, also in Griechenland.
Der Generalanwalt beim EuGH wird am 8.11.06 plädieren. Wann das Gericht entscheidet, steht noch nicht fest.
AK Distomo, Luxemburg
Pressemitteilung des AK Distomo zum Urteil des EuGH vom 15. Februar 2007: Deutschland wird Immunität für Nazi-Verbrechen gewährt - Das Wehrmachtsmassaker vom 13.12.1943 in Kalavryta (Griechenland)
Kalavryta klagt an -
Griechische Naziopfer wollen Entschädigung für faschistischen Terror erstreiten.
Junge Welt vom 27. September 2006
Staat will nicht zahlen für SS-Massaker. TAZ vom 29. September 2006
Gedenken ohne Entschädigung: Unternehmen Kalavryta von Lars Reismann in der Jungle World
Gedenken in Kalavrita.
Ein Massaker der Wehrmacht 1943 in Griechenland
Von Marianthi Milona im Deutshclandfunk
Griechenland: Pfändung deutscher Liegenschaften. Recht so!, Von Rolf Surmann in der Jungle World
"Zum Schweigen gebracht..." Wie die BRD mit Entschädigungsforderungen von NS-Opfern Umspring, Von Ralf Surmann, Konkret