Die folgende Chronologie ist unvollständig, und faßt die Ereignisse sehr kurz zusammen. Sie macht aber deutlich, daß Frankfurt lange Zeit Aktionsschwerpunkt von NPD und militanten Nationalsozialisten war, und daß erst aktives antifaschistisches Engagement den Nazis in Frankfurt Grenzen setzte. Diese politische Auseinandersetzung war gleichzeitig immer eine Auseinandersetzung mit repressiver Stadtpolitik und Polizeigewalt, in der der Tod von Günther Sare auf einer antifaschistischen Demonstration 1985 das bisher bitterste Kapitel ist.
25.7.1969 findet eine Wahlveranstaltung der NPD im städtischen Cantate-Saal statt. Der Ordnungsdienst der NPD Hessen-Süd, achtzig mit Eisenstangen, Hämmern und Helmen ausgerüstete Männer, prügeln die wenigen antifaschistischen GegendemonstrantInnen brutal zusammen. Die anwesenden zwei Polizeihundertschaften greifen auf Anweisung des Polizeipräsidenten Gerhard Littmann (SPD) nicht ein.
Am 17.6.1974, dem früheren Feiertag "Tag der deutschen Einheit" organisiert die NPD das erste Mal ein "Deutschlandtreffen" in Frankfurt. Verbotsanträge scheitern vor dem Gericht, während die antifaschistische Demonstration durch eine Verfügung des Oberbürgermeisters Arndt (SPD) verboten bleibt. Gegen trotzdem demonstrierende Antifaschistinnen werden Wasserwerfer und Knüppel von der Polizei eingesetzt.
Am 17.6.1977 versucht die NPD wieder einen Aufmarsch in Frankfurt durchzuführen, Frankfurt solle "zur ersten nationaldemokratischen Stadt Deutschlands" werden. Die NPD mobilisiert über 3000 Anhänger aus Deutschland und Nachbarländern, die vom Ratsweg durch Bornheim bis zum Römerberg marschieren. Die Nazis ziehen mit Fahnen, Trommeln und Hitlergruß durch Frankfurt, und überfallen unterwegs kleine Gruppen von protestierenden AntifaschistInnen. Am Römerberg stehen sie dann tausend AntifaschistInnen gegenüber, bis die Polizei zwischen NPD und GegendemonstrantInnen zieht. Es gibt zahlreiche Verletzte und 21 Festnahmen auf der Seite der AntifaschistInnen, allerdings wird auch der NPD-Bundesvorsitzende Mußgnug auf dem Rückweg von einem Genossen verletzt. Mobilisiert haben hauptsächlich Kommunistischer Bund (KB), KBW, SAG und andere kleine linksradikale Gruppen.
Am 17.6.1978 will sich die NPD wieder zum Deutschlandtreffen in Frankfurt treffen, der
Frankfurter Römer solle "wieder deutsch und nationaldemokratisch werden".
Wieder sind drei- bis viertausend Nazis dem Aufruf der NPD gefolgt, doch
diesmal gelangen sie nicht in die Innenstadt, sondern müssen nach einem kurzen
Marsch durch Bornheim zum Ratsweg zurückkehren. Schon mittags zieht ein starker
Demonstrationszug, organisiert vom AStA der Uni, Frauengruppen, SchülerInnen,
SAG (Sozialistische Arbeiter Gruppe) und KB vom Steinweg zum Römer, vorbei an der
Kundgebung des Bündnisses von DKP, VVN, Jungsozialisten und SB (Sozialistisches
Büro) auf dem Paulsplatz. Bis zu zehntausend AntifaschistInnen besetzen den
Römer, auf dem die NPD unter dem Schutz der Polizei die Bühne für ihre Abschlußkundgebung
aufgebaut hat. Polizeipräsident Müller (SPD) beschließt, den Römer mit Wasserwerfern
und Knüppeleinsatz zu räumen. Tausende Menschen werden brutal in Richtung Neue
Kräme getrieben, unter Sperrgittern begraben und mit CS-Gas verletzt.
Nur durch Zufall gab es nur Schwerverletzte und keine Toten
bei diesem Polizeieinsatz, "die Krankenwagen waren pausenlos im
Einsatz"(Frankfurter Rundschau). In der Innenstadt entbrennen heftige
Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und der Polizei. Nach dem
Polizeieinsatz fordern GewerkschafterInnen den Rücktritt des
Polizeipräsidenten, während sich Innenminister Gries (FDP) lobend hinter die
Polizeiführung stellt.
Am 17.6.1979 will die NPD wieder in Frankfurt ihr Deutschlandtreffen veranstalten. Oberbürgermeister Wallmann (CDU) verbietet alle NPD-Veranstaltungen. Vor dem Verwaltungsgericht ist die NPD erfolgreich, sie darf in Sachsenhausen demonstrieren. Am Tag der Verbotsaufhebung gibt Wallmann bekannt, daß er das antifaschistische Festival "Rock gegen Rechts" verbieten werde. SPD und DGB wollen diesmal den Wallmann-Kurs nicht mittragen. Letztlich wird das Festival unter strengen Auflagen und mit Einschränkungen auf dem Rebstockgelände erlaubt. Am Spätnachmittag des 16.6. verbietet der OB Wallmann aufgrund von "polizeilichem Notstand" alle Kundgebungen und Demonstrationen, und damit erstmals in der Geschichte der BRD eine Gewerkschaftskundgebung. 40.000 AntifaschistInnen aus der ganzen BRD durchbrechen jedoch das Demonstrationsverbot, die NPD kommt nicht nach Frankfurt hinein. Es dauerte fast 10 Jahre, bis die NPD wieder zu einer Kundgebung und Demonstration in Frankfurt mobilisiert.
Am 12.1.1980 haben zwanzig bis dreißig Nazis einen Informationsstand an der Katharinenkirche/Hauptwache aufgebaut. Nachdem sich einige Dutzend AntifaschistInnen versammelt haben, stürmt plötzlich ein mit Schlagstöcken, Axtstielen und Gaspistolen bewaffneter Nazitrupp auf die AntifaschistInnen. 1980 gibt es mehrere Überfälle auf Veranstaltungen von den militanten Nationalsozialisten um Frank Schubert, Arndt Marx und Erwin Schönborn.
Am 1. Mai 1982 preschen etwa hundert Fußballhooligans und Neonazis der "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS durch die 1.Mai-Kundgebung des DGB am Römerberg. Mit "Rotfront verrecke", "Kanacken raus" und "Sieg heil"-Rufen drängen sie sich durch die Menge, mehrere DemonstrantInnen werden verletzt. Die Polizei greift wegen "Überlastung und fehlendem Überblick" erst sehr spät und mit wenigen Beamten ein.
Am 17.1.1983 wird von verschiedenen NS-Gruppierungen die ANS/NA (Aktionsfront Nationaler Sozialisten) in Frankfurt gegründet. Unter Führung des gerade aus der Haft entlassenen Michael Kühnen (ANS Hamburg), Thomas Brehl (Wehrsportgruppe Fulda) und Arndt Heinz Marx (VSBD Frankfurt) treffen sich etwa fünfzig Nazis im Restaurant Wienerwald in Niederrad. Hundert DemonstrantInnen protestieren spontan gegen dieses Treffen. In Frankfurt gab es mehrmals wichtige konspirative Versammlungen von Nazikadern um Michael Kühnen. Kühnen selbst wohnte mit Wolfgang Hess eine Zeit lang in Frankfurt im Lupinenweg (Frankfurter Berg), bis das Haus aufgegeben wurde. Das Haus war das "Hauptquartier" der FAP-nahen Nationalen Sammlung, die 1989 zur Kommunalwahl in Frankfurt und Langen antreten wollte (Spitzenkandidat in Frankfurt Otto Riehs), im Februar 1989 aber vom Innenministerium aufgelöst wurde.
28.9.1985 Die NPD will an diesem Tag mit einer Saalveranstaltung im Haus Gallus ihren Bundestagswahlkampf
in Hessen eröffnen (Im Bürgerhaus Gallus wurde Anfang der 60er Jahre der
Auschwitzprozeß auf Initiative des Staatsanwaltes Fritz Bauer durchgeführt).
Auf dem Schulhof der benachbarten Grundschule findet am Nachmittag vor der
NPD-Veranstaltung ein Freundschaftsfest gegen Rassismus statt, zu dem
Gewerkschaften, Parteien und der Ortsbeirat aufgerufen haben. Etwa 1500
Menschen verfolgen die anschließende Kundgebung. Danach beginnt die Blockade
des Haus Gallus, um die NPD-Veranstaltung zu verhindern. Die Polizei beginnt,
die Frankenallee zu räumen, es solle "kompromißlos durchgegriffen"
werden (O-Ton Polizeifunk).Gegen 21 Uhr überfährt der Hochdruckwasserwerfer
IV/1 unter dem Kommando von Wilfried.Reichert den 36jährigen Antifaschisten
Günter Sare auf der Kreuzung Hufnagelstraße/Frankenallee. Günter Sare stirbt
auf dem Weg ins Krankenhaus. Auch nach diesem Ereignis stellen sich CDU-, FDP-
und SPD-Politiker schützend vor die Polizei. Der Polizist Wilfried Reichert
wird vor Gericht freigesprochen.
In den nächsten Tagen gibt es zahlreiche militante
Demonstrationen, Krawalle und Attacken auf Polizeiwachen im Bundesgebiet
(Ausführliche Dokumentation zum Tod Günter Sares und den nachfolgenden Dmonstrationen)
Am 15.10.1988 will die NPD zum Auftakt des Kommunalwahlkampfes bundesweit mobilisierte Großkundgebungen durchführen. Motto: "Frankfurt muß eine deutsche Stadt bleiben". Eine antifaschistische Gegendemonstration von ca. 2000 weitgehend autonomen AntifaschistInnen zieht begleitet von einem dichten Polizeikordon vom Friedberger Platz zur Konstabler Wache, vereinigt sich dort mit einer kleineren Bündnisdemonstration, die dann durch Bornheim bis zum Merianplatz demonstriert. Die NPD-Kundgebungen können nicht stattfinden.
Am 12.3.1989 erhält die NPD bei der Kommunalwahl 6,6 Prozent der Wählerstimmen und zieht mit 7 Abgeordneten in den Römer ein. Die NPD-Wahlschwerpunkte sind Sossenheim, Gallus, Griesheim, Nied, Sindlingen, Zeilsheim, Eckenheim, Bonames, Heddernheim und Riederwald (20.574 Stimmen). Zuletzt war die NPD 1968 mit fünf Abgeordneten im Frankfurter Römer vertreten. Spontan versammeln sich auf dem Römer immer mehr Menschen, schließlich demonstrieren bis zu 5000 AntifaschistInnen durch die Stadt. JungsozialistInnen versuchen sich an die Spitze der Demonstration zu setzen, doch der Zug bewegt sich weiter zur NPD-Zentrale. Dort stellen sich Grüne und andere schützend vor die Räume der NPD. An einem der folgenden Tage rufen Gewerkschaften, SPD, Kirchen, Jüdische Gemeinde, Grüne zu einer antifaschistischen Demonstration auf , an der sich ca. 12.000 Menschen beteiligen. Die NPD bleibt parlamentarisch isoliert und unbedeutend, wird von der lokalen Presse boykottiert. Bereits 1990 gibt es Machtkämpfe in der NPD, die unterlegenen Mitglieder treten aus und gründen die FWF (Freie Wählergemeinschaft Frankfurt).
Am 17.2.1990 will die NPD in Frankfurt eine Demonstration "Für die Wiedervereinigung der zwei deutschen Staaten" durchführen. Letztlich sammeln sich nur ca. 70 NPD-Anhänger in der damaligen NPD-Partei-Zentrale in der Nähe des Arbeitsamtes, die mehrfach abgeriegelt von der Polizei eine Runde um den Häuserblock laufen. Ungefähr 1500 GegendemonstrantInnen, mobilisiert vom AStA, dem StadtschülerInnenrat, Börneplatzinitiative und autonomen AntifaschistInnen, ziehen von der Konstablerwache bis zur Alten Brücke. Dort versucht die Polizei mit einem Wasserwerfereinsatz die DemonstrantInnen zu zerstreuen, gleichzeitig greifen 70 vermummte militante Nazis (Taunusfront, FAP und Hooligans) die AntifaschistInnen an. Nach der Gegenwehr der Antifas werden die Nazis in die Altstadt verfolgt, und müssen schließlich von der Polizei aus der Stadt eskortiert werden.
Am 25./26.1.1992 findet der Bundeskongreß der Jugendorganisation der NPD, der JN (Junge Nationaldemokraten) in Frankfurt-Kalbach im dortigen Bürgerhaus statt. Eine Demonstration, aufgerufen haben der AStA, Stadtschülerrat und andere Gruppen, zieht vom Universitäts-Campus bis zur Hauptwache. Als bekannt wird, wo die Nazis sich treffen, fahren fast alle 700 AntifaschstInnen mit der U-Bahn nach Kalbach. Dort kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, zwei Fahrzeuge von NPD-Mitgliedern werden zerstört, zehn DemonstrantInnen werden festgenommen.
Am 9.1.1993 will die JN zum Auftakt des Kommunalwahlkampfs einen Aktionstag in Frankfurt veranstalten, Motto "Gegen den multikulturellen Wahn". AntifaschistInnen nehmen schon morgens einigen JN-Flugblattverteilern die Flugblätter ab. Etwa 200 autonome AntifaschistInnen halten sich den ganzen Tag in der Nähe der NPD-Parteizentrale auf, immer wieder greift die Polizei die AntifaschistInnen an. Erst am Abend gelingt es der NPD mit Hilfe der Polizei in ihre Räume zu kommen, um ein Konzert mit Frank Rennike anzuhören. Nach der Veranstaltung werden mehrere Nazis angegriffen und verletzt. Am späten Abend werden drei Autonome von FAP-Mitgliedern aus Aschaffenburg angegriffen und in den Main getrieben, die AntifaschistInnen können aus dem eiskalten Wasser mit schweren Unterkühlungen gerettet werden.
Bei den Kommunalwahlen am 7.3.1993 erreicht die NPD nur 0,9 Prozent der Stimmen, die erstmals kandidierenden REPUBLIKANER jedoch 9,3 Prozent. Sie ziehen mit zehn Abgeordneten in den Römer ein. Trotz der Isolierungspolitik der bürgerlichen Parteien und Kampagnen gegen "rechte Gewalt" (am 13.12.92, Rockkonzert "gegen Rassismus" an der Messe mit 200.000 BesucherInnen, Lichterkette mit 100.000 KerzenhalterInnen am 22.12.92) werden die radikal-völkischen Parteien REP, DVU und NPD in Frankfurt von 12,9 Prozent der WählerInnen gewählt, ein Zuwachs gegenüber 1989 von 6,3 Prozent. In acht Wahlbezirken erhalten sie durchschnittlich 26,5 Prozent der Stimmen (Wahlbezirke in Nied, Heddernheim, Sossenheim, Preungesheim, Niedereschbach, Gallus). Die NPD löst nach den verlorenen Wahlen ihre Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt auf, und verlegt sie nach Aachen-Stolberg.
In der Nacht vom 28. auf den 29.5.1993 kommen in Solingen fünf Menschen bei einem Brandanschlag ums Leben. Die Täter sind junge deutsche Rassisten aus dem örtlichen, rechtsradikalen Milieu. In Frankfurt zieht eine spontane Demonstration, mobilisiert vom antirassistischen Notruftelefon, am Samstag den 30.5.93 von der Hauptwache zum Flohmarkt, auch um MigrantInnen von diesen entsetzlichen Morden zu informieren. Am Eisernen Steg werden einige zufällig anwesende Naziskins angegriffen und verletzt, darunter der damalige Chef der "Taunusfront" Carsten Veith. Die halbe Demonstration wird eine Stunde später von der Polizei im Bahnhofsviertel eingekesselt, 64 DemonstrantInnen werden brutal festgenommen.
Am 2.3.1997 bei den Kommunalwahlen erhalten die REP nur noch 6,2 Prozent (6 Stadtverordnete), die NPD nur noch 0,5 Prozent, die neu angetretenen rechtskonservativen "Bürger für Frankfurt" (BFF) aber 1,6 Prozent.
Am 28.3.1998 mobilisiert der neu gegründete völkisch-konservative "Bund Freier Bürger/Offensive für Deutschland" (BFB/OFD) zu einer Großkundgebung auf den Paulsplatz. Etwa tausend NationalistInnen sind dem Aufruf "Volksabstimmung über den Euro" gefolgt. Etwa zweihundert GegendemonstrantInnen stören lange erfolgreich die Veranstaltung, bis die Polizei den Platz mit Knüppeleinsatz räumt. Nach diesem Polizeieinsatz bricht die rechte Demonstration zur Bundesbank (Frankfurt-Dornbusch) auf, um dort ihre Abschlußkundgebung abzuhalten. Die AntifaschistInnen hatten zwar einige Mobilisierungsschwierigkeiten (der BFB war unbekannt, hatte keine Wahlerfolge, das Image war bürgerlich- demokratisch- konservativ), aber mit ihrer öffentlichkeitswirksamen Aktion haben sie diesem Image des BFB massiv geschadet. Die Partei hat sich inzwischen aufgelöst.
Am 19.4.1999 führt die völkische, NPD-nahe Gruppe "Bürgerbewegung für unser Land" ihre erste Montagsdemonstration in Frankfurt auf dem Paulsplatz durch. Fünfzig gut beschützten Nazis stehen zweihundert AntifaschistInnen gegenüber.
Am 11.10.1999 findet die vierte Montagskundgebung der "Bürgerbewegung für unser Land" mit ca. fünfzig Teilnehmern auf dem Börsenplatz statt. Nach einer Rangelei zwischen Antifas und Nazis werden zwei Personen von der Polizei festgenommen.
Am 25.3.2000 blockieren mehrere hundert AntifaschistInnen die fünfte Kundgebung der "Bürgerbewegung für unser Land" am Börsenplatz. Die Polizei greift in die Blockade zum Ärger der Nazis nicht an, sondern nimmt im Umfeld der Aktion AntifaschistInnen fest. Es werden an diesem Tag zahlreiche Nazis verletzt und von der Polizei aus der Stadt evakuiert, so daß im Internet viele frustrierte Nazis meinen: "Nie wieder Frankfurt!" Seit dieser erfolgreichen Aktion meldete "Für unser Land" bis zum 7.4.2001 keine Kundgebung mehr an.