Hol' schon mal den Wagen, Harry...

In neun Monaten kann manchmal wahrlich viel geschehen: unter anderem dauert etwa so lange der Zeitraum zwischen Zeugung und Geburt. Dass es sich bei dem, vom "Delegiertenkreis"/ Frankfurt herausgegebenen Schriftstück wohl eher um eine Totgeburt handeln dürfte, legt schon die Überschrift nahe: denn die hobby-kriminologisch-psychologischen Fähigkeiten dürften sich ungefähr auf dem selben Niveau befinden wie seine mathematischen, denn auch noch nach der Euro-Umstellung sind ein halbes Jahr noch immer sechs Monate und eben nicht neun.

Worum ging's jedoch ‚eigentlich'?

Ein "langjähriger linksradikaler Aktivist" wird zunächst unter einem Vorwand irgendwo ans Mainufer gelockt, gefesselt und in den Main geworfen. Wie es wohl bei allen Morden und deren Versuchen so sein dürfte, ist auch hier anzunehmen, dass eventuelle Krankheitsbilder des (potentiellen) Opfers allzu oft bei den Missetätern auf wenig Mitgefühl stoßen.

So weit - so schlecht!

Eine Woche später wird der Genosse entführt und - auch unter Folter - einem Verhörmarathon unterzogen. Dass in einer darauffolgenden Presseerklärung, die "von einigen Gruppen unterzeichnet" wurde, von einem "Mordversuch als Tatsache" gesprochen wurde, wird mittlerweile von dem Delegiertenkreis als allzu voreilig betrachtet, denn diese Erklärung hätte ja als "fundierte Grundlage der Diskussion" dienen sollen. Diskussionen jedoch über was und mit wem? Ob man jemanden "trotz Asthma", an den Füssen gefesselt, in den Main werfen darf oder nicht? Ob man damit d'accord gehen kann, dass die linke Klatsch- und Tratschgesellschaft überhaupt noch des Mediums Internet bedarf, wenn das "Stille-Post-Spiel" doch offensichtlich gar so gut funktioniert, so dass noch vor Veröffentlichung erwähnter Erklärung man in anderen Städten schon bestens bescheid wusste, was Namen und Aktivitäten des Genossen angingen.

A la recherche de la recherche perdue

Nun, der Recherchegruppe ist es nicht einmal gelungen, die Taten "zu rekonstruieren". War tatsächlich niemand der Derrick-Anhänger/ -innen bereit, sich beim Verhör foltern zu lassen? Oder litt von ihnen niemand ausreichend unter Asthmabeschwerden, um sich in den Main schubsen zu lassen - zum Zwecke der Rekonstruktion des Tathergangs, versteht sich. Nicht einmal "bestätigt" werden konnten die Taten. War das überhaupt von den GenossInnen gewollt? Selbst die uns allen (?) verhasste Institution Polizei schenkt in aller Regel einem/ -r Geschädigtem/ -r, zumindest im Falle eines Kapitalverbrechens bzw. dessen Versuchs, mehr Glauben als dem Genossen entgegengebracht wurde.
Egal & wurscht, ob eine Woche oder einen Monat später, da begab sich besagter Rechercheclub auf die Suche nach Beweisen. Und ehe man sich versah, wurde aufgrund mangelnder Ermittlungserfolge aus dem Opfer derjenige, auf dem die Beweislast ruhte. Der physische und psychische Zustand des Genossen war den Hobby - Kriminologen offensichtlich herzlich egal - Hauptsache, die "linke Szene" sollte gewarnt werden, denn schließlich konnten sich alle als potentielle Opfer wähnen und außerdem stand ja auch die Zerschlagung der Frankfurter Szene unmittelbar bevor. Und da, wenn's vermeintlich um den eigenen Arsch geht, die Leute manchmal selbigen auch ganz schnell hoch bekommen können, wurde ein kriminologischer Spürsinn ungeahnten Ausmaßes aktiviert: bereits eine Woche nach der ersten Tat gab's eine Tatortuntersuchung, gar schon zwei bis drei Wochen später Befragungen von potentiellen ZeugInnen der Entführung. Zuallererst wurde jedoch der Geschädigte selbst mittels eines "vertraulichen Gesprächs" vernommen.

Alles so wie im richtigen Derrick... Nur, dass weder Derrick noch sein Kompagnon Harry sich je derart mit den TV - Opfern identifiziert und sich in diese hineinversetzt hätten, wie es aus der Recherchegruppe zu vernehmen war. Denn in dieser bunten Truppe gab es doch tatsächlich jemanden, der mal in den Main "getrieben" wurde und somit bestens mit den Befindlichkeiten, den Wünschen und dem "eigentlichen" Willen des Genossen vertraut war.
Doch wenn der Weg des Gedankens zu kurz ist, kommt man zwar schneller an Ziel einer Schlussfolgerung und somit eines Ergebnisses. Diese Tatsache schließt dennoch nicht den automatischen Weg zur inneren Erleuchtung mit ein.

a = b ; q.e.d .

O Wunder, wie auch im richtigen Leben kam es zu Entdeckungen von manch' Unstimmigkeit in den Schilderungen des Angeklagten - Pardon: des Genossen - was letztendlich die Verlagerung des Recherche-Schwerpunktes nach sich zog: galt zuvor noch alle Aufmerksamkeit einer Rekonstruktion resp. Bestätigung der Taten, so wurde nun das Aktionsfeld der Kriminalisten - Crew ins Psychopathologische umgeändert. Das Opfer wurde zum traumatisierten Objekt bar jeglichen eigenen Willens deklariert. Die ach so linksradikale Frankfurter Szene nahm diese psychologisierenden Erklärungsansätze der Recherche - Ethologen dankbar an, um wenigstens "spekulativ (...) informiert" sein zu können, da es ja schließlich für viele auch ums eigene Eingemachte zu gehen schien. Eine Erklärung dahingehend, dass es sich zwar um einen "langjährigen Aktivisten" handele, um einen Genossen mithin, welcher jedoch irgendwo auf der Charakter-Skala zwischen egomanisch und schizoid einzustufen sei, befreit doch ungemein.

Aber diese Befreiung dürfte in Teilen - wohl den größten - der Linken in Frankfurt, so es sie denn überhaupt noch existiert, bereits vor einigen Monaten stattgefunden haben, nachdem bereits in jener Zeit eine "Vereinbarung mit dem betroffenen Genossen" gebrochen wurde: ein mehrseitiger "Zwischenbericht" der sog. Recherchegruppe, der "die Zweifel eines Teils der Frankfurter Linken begründen" sollte, und eigentlich nur für einen bestimmten Kreis vorgesehen war, machte dann doch die größere Runde. Denn wie dies fast schon gang und gäbe bei den ach so klandestinen Frankfurter Revoluzzern zu sein scheint, wurde eben dieser Kreis "spekulativ Informierter" zusehends größer, so dass sich eher diejenigen, die sonst kaum zu den FreundInnen linksradikaler Politik zählen dürften, ein formidables Bild über die Umgangsweisen in der ‚Szene' bzw. deren Begrifflichkeit von Solidarität machen durften. Letztendlich kann es auch kaum verwundern, dass der "Freund & Helfer" derweil auch schon zwei Veröffentlichungen der Recherchegruppe dankend in seine Ermittlungsakten aufgenommen hat. Ob sich die Institution Grün-Weiß für die Zuarbeit mittlerweile erkenntlich gezeigt hat oder gar diese Schriftstücke als Bewerbungsunterlagen ansieht, ist derzeit noch nicht bekannt. Was zur Zeit jedoch allen Beteiligten und weniger Beteiligten klar geworden sein dürfte, ist die Tatsache, dass die sonst so oft und viel beschworene Solidarität in gewissen Frankfurter Kreisen recht eigentümliche Ausdrucksformen zu tage fördert.

Doch was bedeutet eigentlich Solidarität im Allgemeinen bzw. im Falle des betroffenen Genossen? In der Soziologie wird Solidarität allgemein als Zustand gedeutet, in dem sich eine Vielheit als Einheit verhält, wobei dieses Verhalten in der Regel durch störende Eingriffe von außen motiviert ist. Dass die Linke auch in Frankfurt als eine Vielheit zu beschreiben ist, sollte nicht nur innerhalb der Stadtgrenzen bekannt sein. Als Einheit hat sie sich jedoch in den seltensten Fällen gezeigt. Nicht einmal, wenn es um die eigenen GenossInnen ging und geht. So wird - nicht nur hier - die Phrase der Solidarität unvermindert weiter gedroschen, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne sich einen Kopf darum zu machen, welche Formen und Inhalte eine praktische Solidarität denn überhaupt umfassen könnte. Stattdessen werden im konkreten Falle gegen den Willen des Betroffenen und über dessen Kopf hinweg Stellungnahmen und ähnliches, auch noch mittels Internet, öffentlich zugänglich gemacht bzw. verbreitet. Die Argumentation der Hobby-Detektive, dass es ja um unser aller Schutz ginge, ist an Unfug kaum noch zu überbieten, da es hier zu allererst eben nicht um das gesamte Frankfurter Volksküchen-Kollektiv ging, sondern ganz konkret um ein Individuum. Aber auch die Art und Weise, wie schon fast von Beginn an quasi gegen den betroffenen Genossen ‚ermittelt' wurde, lässt doch schnell die Frage aufkommen, ob denn da etwas nicht ganz richtig angekommen bzw. verstanden worden ist. Wie sonst ist es zu verstehen, dass namentlich lediglich dem Genossen ein Verhalten vorgeworfen wird, dass dazu führte, "dass verantwortliches, der Sache angemessenes Handeln zurückstehen musste". Ansonsten dümpelt jedoch die "Kritik und Selbstkritik", die sich tatsächlich über ganze zwei Sätze erstreckt, in der nicht zu fassenden Anonymität der Schreiberlinge herum. So hat man doch zu guter letzt zumindest einen dingfest gemacht, der, wenn er schon nicht zum gescheiten Opfer taugt, doch zumindest irgendwie auch Verantwortung fürs miese Fahndungsergebnis trägt. Denn, so weiß der Derrick-Fan bescheid, sind vermeintliche Opfer nicht immer tatsächliche Opfer, sondern haben das ein oder andere Mal die Tat ja einfach nur vorgetäuscht, um kräftig bei der Versicherung oder bei der Familienerbschaft abzusahnen. Bloß, was gäbe es denn von der Frankfurter Linken überhaupt zu erben?

So lässt es sich vortrefflich an solchen ‚Analysen' und Verhalten darstellen, was denn von einer solchen ‚Genossenschaft' zu halten ist. Denn das Gegenteil von gut ist noch immer gut gemeint.

Es kann doch allen, die auch nur annähernd beschissene Situationen mitmachen mussten wie unser Genosse, nur geraten werden, sich von den Feind-Aufklärern des autonomen Innenministeriums tunlichst fernzuhalten. Denn eins dürfte gewiss sein:

Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr…

GRUPPE SM (M²+P+K²)

Nachträgliche Anmerkung der Redaktion: Die Polemik der Gruppe "SM (M²+P+K²)" geht weit über legitime Kritik an den GenossInnen der Rrcherchegruppe hinaus. Wir hatten sie damals nur abgebildet, weil wir dachten, die FreundInnen und Freunde des angeblich Angegriffenen müßte die Möglichkeit gegeben werden, auf die Vorwürfe der Recherchegruppe zu antworten.

Der Beitrag bezieht sich vor allem auf den Beitrag Frankfurt: Ein halbes Jahr später: Nichts ist klarer geworden. Mitteilung zu den "Frankfurter September-Vorfällen"

Siehe auch: Mordanschlag ...

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