Klage gegen die Stadt Butzbach erhoben

Verwaltungsgericht Gießen legt Verhandlungstermin auf den 26.6. fest

Stellvertretend für die OrganisatorInnen der Demonstration „Den Nazis die Idylle nehmen. Kein Nazizentrum in Butzbach-Hochweisel oder anderswo“ hat der Anmelder, Dr. Stoodt, Klage beim Verwaltungsgericht Giessen gegen die Auflagenverfügung der Versammlungsbehörde in Butzbach erhoben.

Die Behörde hatte gegen die Demonstration vom 28.1. dieses Jahres eine Auflagenverfügung erlassen, die 22 Punkte umfaßte.

Die Klage richtet sich exemplarisch gegen das Verbot, direkt am Nazizentrum in der Langgasse 16 demonstrieren zu dürfen.
Die Polizei hatte 25 Meter von den Gemarkungsgrenzen nach beiden Seiten die Strasse abgesperrt. Das Haus lag so außerhalb der Sichtweite der Demonstration.

Die OrganisatorInnen haben sich für die nachträgliche Klage aus mehreren Gründen entschieden.

Wesentlicher politischer Grund ist die Entwicklung beim Umgang von Versammlungsbehörden und Polizei mit den Grundrechten der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Immer dreister und selbstverständlicher setzt sich die Exekutive über versammlungsrechtliche Vorgaben hinweg.

So sieht das Versammlungsgesetz als Ausführung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit für ein Verbot einer Versammlung oder das Verhängen von Auflagen die Feststellung einer „unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ vor. Für diese Feststellung fordert das Bundesverfassungsgericht „Tatsächliche Anhaltspunkte“. „Bloße Vermutungen“ reichen ihm explizit nicht aus.

Regelmäßig setzen sich Behörden über diese Vorgaben hinweg. Auflagen werden nach jeweiliger politischen Vorgabe oder subjektiver Einschätzung als ordnungsrechtliches Mittel unter Verletzung der Grundrechte von Menschen eingesetzt, die ihre Positionen über Versammlungen oder Aufzüge unter freiem Himmel an eine breitere Öffentlichkeit bringen wollen.

Über dieses Auflagenregime haben sich Behörden einen rechtsfreien Raum geschaffen. Zwischen dem Zeitpunkt der Verfügung und der Veranstaltung selbst liegen regelmäßig nur wenige Tage, manchmal nur Stunden. Im Extremfall, wie bei der Demonstration gegen den Opernball in Frankfurt, werden Auflagen zu Beginn oder während der Veranstaltung verhängt. Zur juristischen Prüfung der Rechtmäßigkeit bleibt im Regelfall das Eilrechtschutzverfahren. Im Extremfall kann keine vorherige Prüfung stattfinden.

Die Eilrechtschutzverfahren durchlaufen den verwaltungsgerichtlichen Instanzenweg und enden spätestens unwiderruflich bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

In der Vergangenheit hatte das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen im Eilrechtschutzverfahren zu Auflagen abgelehnt, da nur Verbote als wesentliche Einschränkung der Versammlungsfreiheit angesehen wurden. In der jüngsten Vergangenheit änderte sich diese Praxis. Verfügte Auflagen griffen in immer absurderer Weise in Grundrechte von VersammlungsteilnehmerInnen ein. Das Bundesverfassungsgericht sah sich genötigt, der Willkür der Behörden auch auf dieser Ebene Grenzen zu setzen. Es ist aber zu befürchten, daß diese Gangart nach den anstehenden Umbesetzungen in der 1.Kammer des Bundesverfassungsgerichts nicht weiterverfolgt wird.

In der Verhandlung am 26.Juni, wird nun das Verwaltungsgericht Giessen erstinstanzlich Position zur geschilderten Klage beziehen.
Es wird sich zeigen ob ordnungspolitische Interessen oder verfassungsrechtliche Grundsätze den Ausschlag geben werden.

Ort und Zeit: Montag, 26. Juni, 11 Uhr, Raum 015, Marburger Straße 4, 35390 Gießen

Siehe auch: Klage gegen Demonstrationsauflagen abgewiesen

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