Verwaltungsgericht Gießen weist Klage gegen Demonstrationsauflagen in Butzbach zurück. Weitere Schritte folgen

Presseerklärung der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt am Main

Klage gegen Demonstrationsauflagen abgewiesen

Ein politisch motiviertes Urteil sprach Richter Fritz, Präsident des Verwaltungsgerichts Giessen, am 26. Juni 2006, als er die Klage der Organisatoren der Demonstration "Den Nazis die Idylle nehmen - kein Nazizentrum in Butzbach-Hochweisel oder anderswo" abwies.

Die Klage richtete sich exemplarisch gegen die Auflage, nicht am Haus Langgasse 16 vorbeiziehen zu dürfen. Angegriffen wurde sowohl der Eingriff in das Demonstrationsziel, da die Demonstration außerhalb der Sichtweite des Hauses gehalten wurde, als auch die Voraussetzunsg für das Verhängen der Auflage überhaupt.

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Versammlungsgesetz in den Beschlüssen der Kammer in Eilrechtschutzverfahren aus, welche Voraussetzungen für die Feststellung der "unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" gegeben sein müssen, die wiederum Voraussetzung für Verbot und Verhängung von Auflagen ist. Um Behördenwillkür zu verhindern, werden "tatsächliche Anhaltspunkte" gefordert. "Vermutungen und bloße Behauptungen" reichen dem höchsten deutschen Gericht nicht aus.

Genau diese aber hatte der Polizei-Einsatzleiter im Kooperationsgespräch vor der Demonstration geltend gemacht, als er die Auflage, nicht am Haus Langgasse 16 vorbeimarschieren zu dürfen, ausdrücklich nur mit der, so wörtlich,  "allgemeinen Lebens- und Einsatzerfahrung" begründete und auch auf Nachfrage keine einzige tatsächliche Erkenntnis über eine Gefährdung mitteilen konnte.

Richter Fritz entschied jedoch in seiner richterlichen Unabhängigkeit, daß ihm die bloße Behauptung eines Einsatzleiters auf Grund seiner "Lebens- und Einsatzerfahrung" ausreiche. Er entschied damit aus ordnungspolitischen Erwägungen, der Versammlungsbehörde das Instrument der willkürlich verhängten Auflagen nicht aus der Hand zu nehmen.

Fritz tat sich schwer mit der Entscheidung. Er tat alles, um zu vermeiden, ein Urteil sprechen zu müssen. Im Vorfeld der Verhandlung wurde ein sinnloses Mediationsverfahren vorgeschlagen, das die Stadt Butzbach als Beklagte ablehnte. Während der Verhandlung wurde unterbrochen, um ein Rechtsgespräch mit den Klageparteien im Richterzimmer zu führen. Alles mit dem Ziel, in der Sache kein Urteil sprechen zu müssen.

Denn klar ist, die Kläger werden eine Grundsatzentscheidung höherer Gerichte im Hauptsacheverfahren anstreben. Das könnte sich in der Tat auf die Willkürpraxis von Versammlungsbehörden auswirken.

Und das ist das Ziel, das wir weiter verfolgen werden. Nächste Station ist der Verwaltungsgerichtshof in Kassel.

PS.: Wie uns vor wenigen Tagen bekannt wurde, soll es Mitte Juni in Butzbach zu einem Angriff von Nazis auf zwei Aussteiger aus der Neonazi-Szene um Rockenberg gekommen sein.

Siehe auch die Presseerklärung der Anti-Nazi-Koordination zur Prozeseröffnung

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