Zahlreiche Initiativen aus Frankfurt protestieren mit
einem offenen Brief an die Wirte im sachsenhäuser
Kneipenviertel gegen die Duldung von gewaltbereiten
NeoNazis. In dem Bief heisst es, dass seit einigen
Monaten, insbesondere an Wochenenden, größere Gruppen
von Neonazis aus dem Umfeld der sogenannten "Freien
Kameradschaften" in Kneipen um die kleine Rittergasse
in Frankfurt-Sachsenhausen auftauchen wuerden. Oft sei
es dabei auch schon zu gewalttätigen Uebergriffen auf
MigrantInnen und Andersenkende gekommen. So z.B. im
April diesen Jahres als eine, u.a. mit Zaunlatten
bewaffnete, Gruppe von 15 Rechtsextremen 4
Antifaschisten auf offener Strasse attackierte und
krankenhausreif prügelte. Im offenen Brief wird in
diesem Zusammenhang auch die Reaktion der Behörden
kritisiert. Stadt und Polizei wuerden versuchen diese
Übergriff zu verschweigen und sie, wider besseren
Wissens, als "unpolitische Kneipenschlägerreien"
abtun.
Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören neben lokalen Antifa-Gruppen und der VVN, auch die DGB Jugend, mehrere Vereine, das Antagon Theater, die Anti-Nazi-Koordination, sowie die grösste Fanvereinigung des Fussballclubs Eintracht Frankfurt, Ultras 97.
In dem Brief werden die Wirte der betroffenen Kneipen abschließend dazu aufgerufen Hausverbote gegen die NeoNazis zu verhängen und endlich deutlich Stellung gegen Rechtsextremismus zu beziehen.
Die Sprecherin der autonomen antifa [f], Sahra Brechtel, erklärte dazu: "Das Problem sind weniger die Nazis, sondern ein vermeintlich "unpolitisches" Umfeld, dass offenbar keinerlei Probleme damit hat mit bekennenden und erkennbaren Rassisten und Antisemiten zu "feiern". Es ist dieser Klima der Ignoranz und Aktzeptanz in denen die NeoNazis sich wie zu Hause fuehlen koennen."
Außer Hausverbote gegen die rechten Schläger zu verhängen bieten die Unterzeichner des Briefes in nächster Zeit daher weitere Möglichkeiten an, sich gegen Rechts zu engagieren.
Am kommenden Donnerstag, den 13. Oktober 2005 , findet im Saalbau
am Frankfurter Südbahnhof um 20:00 Uhr eine
Infoveranstaltung über die rechten Strukturen statt.
Am Samstag den 22. Oktober 2005 gibt es dann ab 19:00 Uhr vom Südbahnhof Frankfurt aus unter dem Motto "Den rechten Konsens durchbrechen - Nazis bekämpfen!" einen"antifaschistischen Abendspaziergang".
Im Frankfurter Kneipenviertel um die Kleine Rittergasse sind am Wochenende regelmäßig größere Gruppen von Neonazis, u. a. aus dem Umfeld der "Freien Nationalisten Rhein/Main" anzutreffen. Die Freien Nationalisten Rhein-Main sind eine neonazistisch orientierte, rechtsextreme Kameradschaft und gehören zu den aktivsten Neonazis in Hessen (siehe auch den aktuellen Verfassungsschutzbericht). Die Neonazis feiern, ähnlich den anderen Besuchern des Viertels, scheinbar unpolitisch in vielen sachsenhäuser Kneipen. Dass sie jedoch keineswegs Klientel wie andere Gäste sind, haben sie nicht zuletzt in der Nacht zum 24. April 2005 unter Beweis gestellt. Etwa 15 Neonazis griffen vier linksalternative Jugendliche an. Bei dem Übergriff, der sich vor den Augen zahlreicher Zeugen in der Paradiesgasse ereignete, schlugen die Neonazis u.a. mit einer Holzlatte, in der ein Nagel steckte, auf am Boden Liegende ein (vgl. Frankfurter Rundschau vom 27.04.05). Die Opfer kamen mit einem angebrochenen Kiefer, Schürfwunden, ausgeschlagenen Zähnen und Gehirnerschütterungen gerade noch davon. Zuvor hatten die Täter die Jugendlichen mit Rufen wie "Scheiß Juden! Wir bringen euch um!" bedroht. Die Polizei nahm sieben der Angreifer auf der Flucht fest, die Opfer stellten Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Laut Zeugen handelte es sich um einen organisierten Angriff.
Dieser neonazistische Übergriff stellt eine neue Qualität rechter Gewalt in Frankfurt dar und macht deutlich, was sich im letzten Jahr in der Region herausgebildet hat: Neonazis in Hessen sind im Aufwind, die Anzahl der rechtsextremen Straftaten ist um 6 % gestiegen, die rechte Szene bekommt stetig Zulauf und steigert ihren Organisationsgrad. Gerade dabei spielen die festen Treffpunkte in Alt-Sachsenhausen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Hier können sie sich unbehelligt unters "Partyvolk" mischen, Kontakte knüpfen und junge Leute über scheinbar unpolitische Feierstimmung rekrutieren. Um so alarmierender, dass sie bei dieser Tätigkeit davon profitieren können, dass sie von einigen Türstehern und Besitzern geduldet oder gar gefördert werden.
In vielen sachsenhäuser Kneipen können Neonazis, oft sogar mit eindeutigen Zeichen wie zum Beispiel T-shirts mit dem Bild des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess oder Aufnähern wie "white Pride", ungestört ihre rassistische und antisemitische Meinung teilweise lautstark verbreiten und genießen bei Pöbeleien und Übergriffen auch noch Täterschutz. Damit werden sie in ihrem, in der Konsequenz menschenverachtenden Denken und Tun bestärkt. Das muß ein Ende haben!
Daher fordern wir Sie auf:
Am Donnerstag, den 13.Oktober wird um 20 Uhr im Saalbau im Südbahnhof eine Infoveranstaltung stattfinden, auf der ein Referent (des antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums (apabiz) Berlin e.V.) über die regionale Naziszene und mögliche Maßnahmen gegen Neonazis informieren wird. Außerdem gibt es Informationen über den antifaschistischen Spaziergang, der am 22.Oktober 2005 in Sachsenhausen stattfinden wird und zu dem wir Sie ebenfalls einladen möchten.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Mertens & Sahra Brechtel (autonome antifa [f]),
Antifa Action Noir,
antagon theaterAKTion,
Anti-Nazi-Koordination,
Azrael (Punkband aus
Frankfurt),
BDP-Landesverband Hessen & Stadtgruppe
Frankfurt,
Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main,
DGB-Jugend Frankfurt,
Helga Dieter (Vors. Courage
gegen Rassismus e.V. Frankfurt-Rödelheim),
Hermann
Schaus,
IGA (Initiative gegen Abschiebung) im Dritte
Welt Haus Frankfurt,
Kultur & Politik Frankfurt e.V.,
Libertad! Frankfurt,
Peter Gingold, Bundessprecher der
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN),
Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne,
Sabine-Henriette Hunger,
Verein zur beruflichen
Förderung von Frauen e.V.,
Sinistra! radikale Linke (Uni-Gruppe),
[`solid] Hessen,
Dr. Thomas Seibert
(medico international),
Ultras 97 Frankfurt