Schweizer Minarettverbot und Reaktionen

Die Schweizer haben mit 57% der abgegebenen Stimmen beschlossen, dass Muslime keine Minarette bauen dürfen, dass ihre Religion im Unterschied zu anderen, unsichtbar bleiben soll. Muslime dürfen zwar weiterhin ihre Religion ausüben, der Islam wird mit dem Minarettverbot aber als untergeordnete Religion deklariert. Den Muslimen wird damit deutlich gemacht, dass sie in der Schweiz lediglich toleriert werden und Bürgerrechte nicht selbstverständlich in Anspruch nehmen können.

Reaktionen der Nazis

Nazis in Deutschland und Europa fühlen sich durch den Erfolg ihrer Schweizer Kameraden ermutigt. Die NPD erklärte "Wir wollen Schweizer Verhältnisse!" und „Danke Schweiz – Minarettverbot auch hier!“ Das Nazi-Forum Altermedia titelte: "Volkswille setzt sich durch: Keine Minarette!" Ganz ähnlich formulierten es die Rassisten von Pro-Köln "Wir alle sind Schweizer!" und ihre Freunde von "Akte Islam" jubelten, dass es nun "keine islamischen Siegessäulen in der Schweiz" gebe.

Ähnlich waren die Reaktionen der Rechtsradikalen in ganz Europa. „Über dem heute schon fast islamisierten Europa flattert jetzt die Fahne der mutigen Schweiz, die christlich bleiben will“, erklärte, Mario Borghezio von der Lega Nord, deren Vertreter eine Abstimmung über den Bau von Minaretten in Italien forderten. Auch die Vorsitzende der Dänischen Volkspartei Pia Kjaersgaard forderte ein Minarett-Referendum. Welt Auch die niederländische Partei für die Freiheit (PVV) sowie BZÖ und FPÖ begrüßten das Minarettverbot und verstärkten ihre Initiativen dazu. Zeit

Reaktionen aus der rechten Mitte der Gesellschaft

Der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) hat die Muslime in Deutschland aufgefordert, Zurückhaltung beim Bau von Minaretten und Moscheen zu üben. Sie sollten "die deutsche Bevölkerung nicht überfordern". Welt Sprich: Sie sollen "freiwillig" keine Minarette bauen, auf das es ihnen nicht verboten wird.

Wolfgang Bosbach sieht im Minarettverbot Angst vor der Islamisierung. Und natürlich will der CDU-Rechtsaußen diese "Sorgen" der Rassisten "ernst nehmen". Zeit

Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin äußerte Verständnis für die Schweizer und erkennt im Volksentscheid gegen Minarette die "Tiefe der Gesellschaft".

Reaktionen linker oder linksliberaler IslamkritikerInnen

Leider haben auch Mina Ahadi (Arbeiterkommunistische Partei des Iran) und Ralph Giordano das Minarettverbot gerechtfertigt. Ahadi hält das Nein zu Minaretten aus ungeklärten Gründen für ein "Signal gegen Islamismus, Scharia und Kopftuchzwang. Das Minarett steht da nur als Symbol für eine begründete Furcht vor dem politischen Islam“ Focus

Giordano erklärte in der Bild, er bestehe auf seiner kulturellen Selbstbehauptung, "so wie es die Schweizer mit ihrer Initiative gegen den Neubau von Minaretten getan haben!" Er erklärt allerdings nicht, warum seine "kulturelle Selbstbehauptung" die Diskriminierung der Muslime notwendig machen soll.

Feministinnen zum Minarettverbot

Obwohl es dazu keine belastbaren empirischen Daten gibt, waren es angeblich die - auch noch linken und feministischen - Frauen, die der rassistischen Minarettverbotsinitiative zur Mehrheit verholfen haben sollen (Süddeutsche Zeitung).
Die Feministin Julia Onken hatte trotz Distanz zu den rechten InitiatorInnen u.a in einer Mail für ein "Ja" zum Minarettverbot geworben. Auch danach rechtfertigte sie ihre Haltung mit der Frauenfeindlichkeit des Islam, ohne allerdings erklären zu können, warum der Isalm ohne Minarette weniger Frauenfeindlich sein soll. Sie hofft aber, dass mit dem Minarettverbot die "Probleme auf den Tisch" kämen. Interview in der Welt

Alice Schwarzer hält das Minarettverbot zwar für irgendwie "heikel", will aber die Funktion von Minaretten diskutieren. Sie sieht jedenfalls keinen Grund für Muslime, wegen dieser kleinen Diskriminierung beleidigt zu sein. Interview im Standard
In der Emma führt Schwarzer aus, dass das Minarettverbot zumindest nicht so schlimm sei:

Denn selbstverständlich dürfen auch in der Schweiz in Zukunft Moscheen (ohne Minarette) gebaut werden und wird kein Muslim daran gehindert zu beten.

Und schließlich stecke hinter dieser Minarett-Abstimmung steckt "das Unbehagen an den Gottesstaaten und ihren Steinigungen und Selbstmordattentaten" sowie an Verschleierung und Zwangsheiraten.

Gegen die Vereinnahmung des Feminismus für rassistische Dominazvorhaben wehren sich Hilal Sezgin in Kopftuchfrauen - Feminismus als antiislamisches Argument (SZ) und Dorothee Wilhelm mit Minarettverbot
Zum Schutz von Weib und Kind?
in der WoZ

In Ungebrochene Selbstidealisierung (TAZ) schreibt Birgit Rommelspacher am Beispiel des Schweizer Minarettverbots eine Kritik des kolonialen Feminismus

Beiträge zum Thema Moschee- und Minarettbau

2007 hatten RassistInnen versucht, den Bau einer Moschee in Hausen zu verhindern.
In den Flugblättern Dulden heißt beleidigen und Herr K. und der Moscheebau in Hausen hat die Anti-Nazi-Koordination die rassistische Motivation der GegnerInnen benannt.

Antiislamischer Populismus - Minarettstreit als rechte Symbolpolitik in Lotta
Der Feind meines Feindes… Vom Antisemitismus zur Moslemfeindlichkeit? Alexander Häusler in LOTTA

Der alte Rassismus im neuen Gewand Ein Gespräch mit Kay Sokolowksy StattWeb

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