Das erste mal seit 2002 wollen Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet am 7.07. wieder versuchen einen Großaufmarsch in Frankfurt am Main durchzuführen. Neben verschiedenen Landesverbänden der NPD mobilsieren die sogenenannten „Freien Kameradschaften“ bundesweit. Es ist davon auszugehen, dass über 1500 Neonazis nach Frankfurt kommen werden um ihre rassistische und antisemitische Propaganda auszukotzen. Wir werden dagegen an die Erfolge von 2001 und 2002 anknüpfen und den Aufmarsch mit allen Mitteln verhindern - um dafür zu sorgen, dass sich die FaschistInnen auch in den nächsten Jahre wieder an ihren alten Spruch erinnern: „Nie wieder Frankfurt.“ Wir werden dementsprechend aus Frankfurt eine No Go Area für Nazis machen.
Unter dem Motto „Arbeit statt Dividende - Volksgemeinschaft statt Globalisierung!“ hat Marcel Wöll, Kameradschaftskader und Landesvorsitzende der hessischen NPD aus Butzbach-Hochweisel, den Aufmarsch angemeldet um einem Monat nach den linken Aktionen gegen den G8-Gipfel die angeblich antikapitalistischen, tatsächlich aber nur völkisch-nationalistischen Forderungen des „nationalen Widerstandes“ auf die Straße zu tragen. Wie immer kommen sie besonders in Frankfurt nicht ohne antisemitische Stereotype aus. Anstatt den Kapitalismus als falsches System zu begreifen, plappern sie verschwörungstheoretisch munter weiter von den guten „deutschen Arbeitern“, die angeblich von den bösen Banken ausgenommen werden.
Grundsätzlich handelt es sich bei Naziaufmärschen dieser Größe allerdings ohnehin um eine symbolische Veranstaltung, die faschistische Stärke demonstrieren soll. Es geht den Nazis gerade in Frankfurt, der „linken Multikultihochburg“, darum neuen Szenemitgliedern Zusammenhalt und Handlungsfähigkeit zu demonstrieren um so die eigenen Strukturen zu festigen. Gleichzeitig verwandeln Aufmäsche dieser Größenordnung ganze Stadtteile aber in eine temporäre No-Go-Area für alle, die nicht in das beschränkte Weltbild der Kameraden und Kameradinnen passen. Also: MigrantInnen, JüdInnen, Linke, Homosexuelle, etc pp. Für alle AntifaschistInnen kann also nach wie vor nur gelten – wenn Naziaufmarsch, dann verhindern.
Gleichwohl muss sich linker Antifaschismus heutzutage klarer definieren. Denn formal „gegen Nazis“ sind in Deutschland inzwischen fast alle, mal abgesehen von den Nazis selbst. Und trotzdem sind die Sympathien mit reaktionären Positionen auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft weit verbreitet. Egal ob Autoritätshörigkeit, staatlicher Rassismus gegen MigrantInnen, Nationalismus (heutzutage „Patriotismus“ genannt) oder der Glaube an das angebliche Recht des Stärkeren – ein rechter Konsens verbindet große Teile der deutschen Gesellschaft. Es macht also wenig Sinn sich einfach in die Koalition von CDU bis Grüne einzuordnen, die nicht gegen die FaschistInnen vorgeht um Rassismus und Nationalismus zu bekämpfen, sondern um das Monopol darauf zu behaupten und damit noch das Image des Standortes Deutschland, bzw Frankfurt sauber zu halten.
Wir begreifen dagegen den Naziaufmarschversuch als Chance linke Strukturen und Inhalte zu stärken. Deswegen werden wir vor, am und vorallendingen auch nach dem 7.7. eine autonome Kampagne und Mobilisierung starten, die ein Angebot an neue Leute sein soll, um sich selbst in antifaschistische Strukturen einzubringen. Damit wollen wir eine Möglichkeit bieten den Faschos effektiv und nachhaltig zu schaden. Wir setzte dementsprechend darauf, dass sich Viele selbstorganisiert und eigenverantwortlich an den verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen beteiligen. Unser Ziel ist es den Aufmarsch im Rhein-Main Gebiet und darüber hinaus auch schon im Vorfeld mit dezentralen Aktionen entgegen zutreten. Interessant hierbei wäre z.B. Anreise der Nazis.
An die Stelle des städtischen und zivilgesellschaftlichen „Alle gegen Nazis“-Hypes, setzte wir dabei einen Antifaschismus der sich inhaltlich und nicht nur formal von den Nazis abgrenzt und der deswegen sowohl die hiesigen NPD- und Kameradschaftsstrukturen, wie auch deren ideologischen Gemeinsamkeiten mit der rechte Mitte der Stadtgesellschaft und deren exponierten Vertreter wie z.B. Erika Steinbach thematisiert. Eine antifaschistische No Go Area fängt schließlich im Kopf an. Ausserdem wollen wir keine einmalige Inszenierung staatsbürgerlichen Engagements, sondern eine kontinuierliche Auseinandersetzungen mit den Nazis und ihrer Ideologie Vorort. Eine Auseinandersetzung die man eben nicht an staatliche Stellen delegieren oder durch „Bunt statt Braun- Feste“ ersetzen kann.Schon gar nicht, wenn man -wie der DGB am 1. Mai in Rüsselsheim - antifaschistischen Widerstand kriminalisiert und behindert.
Wir stellen dagegen das staatliche Gewaltmonopol bewusst in Frage. Auch weil es ohne die tatkräftige Unterstützung der Polizei in Frankfurt am 7.7. ganz sicher eine No Go Area für Nazis geben wird. Unsere Mobilsierung basiert also nicht darauf, dass wir uns vom bürgerlichen Antifaschismus a la Römerbergbündnis unbedingt abgrenzen wollten. Vielmehr basiert sie darauf, dass Antifaschismus nicht symbolisch und staatstragend, sondern erfolgreich sein muss. Man muss ihn selber machen. Und dafür gilt immer noch: Antifa statt Verbote. Wo Nazis demokratisch gewählt werden, muss man sie nicht demokratisch bekämpfen.
Der Erfolg des Ganzen hängt nicht zuletzt auch an der breiten Beteiligung und eigen Initiative. Wenn sich aber in diesem Sinne genug Leute an der autonomen Mobilisierung beteiligen, kann es gelingen im Rhein-Main Gebiet einen effektiven - sprich linken und militanten - Antifaschismus zu stärken und so rechte Strukturen wieder nachhaltig zurück zudrängen.