Die Nazis haben ihr Ziel erreicht: Die NPD und die "Freien Kameradschaften" sind durch Frankfurt marschiert, durch die Stadt, deren freiheitliche Tradition und bunte Bevölkerung ihnen ein Dorn im Auge ist, und in der sie bisher nicht Fuß fassen konnten. Dass die "guten" Demonstranten der etablierten Organisationen sich am Römer versammelten, machte es der Polizei einfacher, die anderen Protestler schon im Vorfeld als gewaltbereite Chaoten zu kriminalisieren. Wenn auch die "Prominenten" sich am Ort des Geschehens mit friedlichen Mitteln den Faschisten entgegengestellt, -gesetzt und -gelegt hätten, wären die Nazis nicht durchgekommen. Einen Aufstand der Zivilgesellschaft, wie er in anderen Städten Naziaufmärsche unmöglich gemacht hat, gab es in Frankfurt nicht. Daran ist vor allem die Propaganda der Polizei schuld, die nach außen hin Angst und Schrecken vor angeblichen Massen gewaltbereiter Antifaschisten verbreitete und gleichzeitig nach innen (d.h. im Ortsbezirk) die Angst vor den Nazis verstärkte, sodass selbst so harmlose Protestformen wie das Aufhängen von Plakaten im eigenen Fenster unterblieben. Die Polizei hatte eigenhändig auch die im öffentlichen Raum aufgehängten Plakate entfernt.
Die Taktik der Polizei, das Aufmarschgebiet der Nazis weiträumig abzusperren, führte dazu, dass die BewohnerInnen von Rödelheim, Hausen und Industriehof von der Polizei einen Tag lang ihrer Bewegungsfreiheit beraubt wurden. Die U-Bahnen fuhren nicht mehr in diese Stadtteile. Als aber ca. 100 junge Leute, viele davon aus dem Ortsbezirk, durch die Blockade der S-Bahngleise die Anfahrt der Nazis blockieren wollten, wurden sie von in Hubschraubern eingeflogener Bundespolizei und den bereits vorhandenen Hundertschaften malträtiert und festgenommen.
Die Nazis konnten hingegen unter Polizeischutz marschieren und ihre menschenverachtenden Parolen brüllen. Ihre "Vermummung" und antisemitische, volksverhetzende Sprechchöre hätten der Polizei zu Beginn des Aufmarschs noch die Handhabe zum Verbot gegeben. Statt dessen verfolgten, kesselten und zerschlugen sie die friedlichen Proteste der Gegendemonstranten. Diese konnten an vielen Orten der Stadt durch aufmerksame Beobachtung der Anreise der Rechtsradikalen sowie durch Blockaden auf Gleisen und Straßen deren Aufmarsch behindern und verzögern. Gegen das größte und teuerste Polizeiaufgebot in der Geschichte Hessens blieb ihnen letztlich aber nur ohnmächtige Wut gegen die Faschisten und ihre staatlichen Beschützer.
Die Verantwortung für diesen wahnsinnigen Polizeieinsatz, der viele Millionen Euro gekostet hat (für jeden Nazi hat der Staat ca. 10.000 Euro ausgegeben, damit er marschieren konnte), tragen die verantwortlichen Politiker in Stadt und Land. Dies sollte Konsequenzen haben.
Dennoch gelang es Angehörigen des Anti-Nazi-Bündnisses, durch die Führung ortskundiger RödelheimerInnen, die Polizei zweimal auszutricksen. Sie gelangten auf Schleichwegen in die Sperrzone und später auf die Marschroute der Neonazis, die durch ein enormes Polizeiaufgebot hermetisch abgesperrt war.
Die unterzeichnenden Gruppen danken allen Menschen, die trotz Repressalien und Einschüchterung die Kraft und den Mut aufgebracht haben, sich den Nazis in den Weg zu stellen und zu zivilem Ungehorsam bereit waren. Die Verhältnisse im Jahr 2007 sollen nicht mit 1933 gleichgesetzt werden. Angesichts der 17 597 rechtsradikalen Straftaten im letzten Jahr und der 136 Toten seit 1989 werden aber historische Assoziationen wach, wenn deutsche Polizisten die Faschisten schützen, die etablierten Organisationen sich fernab vom Geschehen von dem Nazi-Pöbel verbal abwenden und die Bevölkerung wegsieht. Wehret den Anfängen!
Courage gegen Rassismus,
Friedensinitiative Rödelheim,
Zusammen e.V. (Stadtteilprojekt Rödelheim)