Gauck in Griechenland: Schuld und Schulden

Mit Scham und Schmerz ...

Bundespräsident Gauck hat Lingiades am 7. März 2014 besucht. Das Dorf wurde 1943 von Gebirgs­jägern zerstört. Die Sol­daten ermor­deten 83 Bewoh­­nerInnen vom 2mona­­tigen Säug­­ling bis zum 100­jäh­­rigen Greis. Das Mas­saker hat Gauck in seiner Rede ein­fühl­sam be­schrie­ben und erklärt:

Das, was geschehen ist, war brutales Unrecht. Mit Scham und mit Schmerz bitte ich im Namen Deutsch­lands die Familien der Ermor­deten um Verzei­hung.

Die lange Verdrän­gung der Ver­brechen in Griechen­land in Deutsch­land und die verwei­gerte Reue der Täter hat Gauck als Zweite Schuld bezeichnet. SZ, SZ II, FR, Zeit

... aber ohne Bereitschaft zu Reparationszahlungen

Zugleich hat Gauck die griechi­schen Forde­rungen nach Repa­rati­onen abge­wehrt. Dies gilt auch für die grie­chischen Forde­rungen, die Zwangs­anleihe Deutsch­lands bei der grie­chi­schen Natio­nalbank in Höhe von 476 Milli­onen Reichs­mark zurück zu zahlen. Zeit II

Erinnern, ohne zu entschädigen Tagesspiegel
Erinnerung muss warten Tagesspiegel

Das von den Juden Salonikis erpeßte Geld will Deutschland behalten

Die jüdische Gemeinde Salonikis hatte Anfang 1943  2,5 Milli­onen Drach­men (45 Mio €) Löse­geld bezahlt, um 9.000 Juden von der Zwangs­arbeit frei zu kaufen. Die Männer wurden dann ab März 1943 nach Ausch­witz depor­tiert. Von den einst 55.000 Juden Salo­nikis über­leb­ten nur 2.000.

David Saltiel, der Präsi­dent der jüdi­schen Gemeinde von Saloniki spricht von Betrug und einer Berei­cherung des deut­schen Staa­tes. Diesen will die Gemeinde nicht länger hin­nehmen und hat daher beim euro­pä­ischen Ge­richts­hof für Men­schen­rechte Klage einge­reicht, um die Rück­zahlung des Geldes zu erreichen. Jüdische Allgemeine I, Jüdische Allgemeine II, Spiegel

Worte statt Taten

Die Worte Gaucks in Liangades wären eigent­lich zu begrüßen. Doch je mehr die deut­schen Poli­tike­rInnen von Schuld und Verant­wortung spre­chen, desto ent­schie­dener treten sie den den berech­tigten Forde­rungen der Opfer nach Rück­erstat­tung mate­riel­ler Schäden ent­gegen. Nur durch die Aner­ken­nung der symbo­lischen Schuld wird das mora­lische Kapital erwor­ben, welches die Abwehr der realen Schul­den ermög­licht. Antifa­schis­tInnen sollten daher bei der Eh­rung der Opfer immer auch die offe­nen Repa­rati­onen thema­tisieren, wenn sie nicht zum Anhäng­sel der deutschen Außenpolitik werden wollen.

Offener Brief an den Bundespräsidenten Joachim Gauck von Manolis Glezos, Vor­sit­zender des Natio­nal­rats für die Ein­forderung der Kriegs­schulden Deutsch­lands gegenüber Griechenland
Erklärung des National­rats

Bundespräsident besucht Griechenland – Griechische Opfer fordern Entschädigung AK Distomo
Deutschlands unerledigte Altlasten von Christoph Schminck-Gustavus in der TAZ
Berliner Heuchelei junge welt

Lyngiades Interview mit Christoph Schminck-Gustavus in der SZ
Blutspur in Hellas von Eberhard Rondholz

Siehe auch: Die deutschen Schulden an Griechenland

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